Die Hornets machen wieder Spaß

Spielt jetzt schon eine wichtige Rolle im TVN-Gefüge: Chiara Baur. Fotos. Rudel

Es war fast wie in alten Zeiten. Ich sitze neben Hallensprecher Hans A. Schatz, die Spielfeldbegrenzung keine zwei Meter vor mir und es spielt ein Team des TV Nellingen mit einigen Eigengewächsen gut und um den Sieg. Naja, der Altersunterschied zu den Spielerinnen ist etwas größer als damals zu Zeiten von Steffi Urbisch, Sandra Faustka und Bäbel Lang. Vroni Goldammer aber ist noch da, nicht auf ihrem Stammplatz auf der Tribüne rechts neben mir. Mittlerweile ist sie Trainerin des ersten Nellinger Teams und steht gestikulierend auf der gegenüberliegenden Seite neben der Bank.

Aber die alten Zeiten sind vorbei. Es hat sich viel getan, seit der TVN in der Spitzengruppe der 2. Bundesliga gegen Metzingen, Weibern oder Bensheim gespielt hat. Das Team ist in die Bundesliga aufgestiegen, und spielt nach dem Rückzug jetzt in der 3. Liga. Die vergangenen Wochen waren geprägt von Umbruch, von der Suche nach Spielerinnen. Von Unsicherheit. Der Start des jungen Teams in der 3. Liga war nicht prickelnd. Jetzt aber, nach ein paar Wochen, kann man festhalten: Der TV Nellingen ist in der Liga angekommen. Trotz 3:9 Punkten und Platz zehn von zwölf. So langsam kristallisiert sich heraus, wo das Team sportlich steht. Was es kann. Wo es besser werden muss. Und wo es hingehen kann.

Und vor allem: Die Hornets machen wieder Spaß.

Umkämpftes Derby: Marlene Kriessler (Mitte), Harriet Seckinger (links), Mara Seitzer (rechts).

Trotz der 25:28-Niederlage im Derby gegen den TSV Wolfschlugen bin ich mir sicher: Die Hornets werden das Ziel Klassenverbleib schaffen, sie werden in der laufenden Saison noch einige Spiele gewinnen. Und sie werden, wenn die Talente bleiben und vielleicht die eine oder andere Spielerin dazukommt, ihren Weg auch über den kommenden Sommer hinaus machen.

Denn: Es gibt eine Menge Unerfahrenheit, die noch zu Niederlagen führt. Aber es gibt eine Menge Talent, das zu Siegen führen wird. In den vergangenen Wochen gab es dafür einige Fingerzeige, viele auch im Spiel gegen Wolfschlugen. Nach dem schwachen Saisonstart und dem ersten Sieg gab es einen überraschenden Punkt gegen Spitzenreiter Regensburg und nun in Allensbach und gegen Wolfschlugen zwei Niederlagen nach einer verspielten Führung.

Starkes Spiel: Leonie Dreizler.

Das ist das typische Indiz dafür, dass es an Erfahrung und Cleverness fehlt. Deshalb bemängelte Trainerin Goldammer (das habe ich in meinem Text für die EZ nicht zitiert) nach dem Spiel auch: „Man sieht, was die Mannschaft im Stande ist zu leisten, aber ein Spiel dauert eben 60 Minuten.“

Was mich an den guten 45 Minuten vor allem beeindruckt hat, war die Abwehr. Zwischen 17 und 20 Jahre alt sind die Spielerinnen, die da im Mittelblock stehen – was sie abgeliefert haben war taktisch, läuferisch und kämpferisch erste Sahne. Es wirkte fast schon routiniert.

Die Konstante in Nellingen: Trainerin Veronika Goldammer.

Vorne fehlt noch die Durchschlagskraft, leichte Tore gibt es wenig. Aber vor allem Chiara Baur und Leonie Dreizler haben mich mit einer guten Wurftechnik und einem klasse Bewegungsablauf überzeugt. Aber alle anderen auch.

Nur eben in Phasen wie der nach der Pause, als Wolfschlugen aufgedreht hat, vor allem kämpferisch noch was draufgelegt hat, fehlt noch die Vorangeherin, die die Kohlen aus dem Feuer holt. Zu hektisch sind dann die Aktionen. Schwupps ist der Gegner vorbeigezogen. Und die Nellingerinnen finden zu spät wieder in die Spur. Stellen sich auch zu spät auf taktische Umstellungen des Gegners ein. Zumindest in Allensbach und gegen Wolfschlugen war das so. Ich glaube, Chiara Baur kann diese Vorangeherin werden. Sie wird ohnehin ihren Weg gehen.

Das sind die Dinge, bei denen es Woche für Woche einen Lernerfolg geben wird. Das Potenzial ist da. Und wenn jetzt auch wieder ein paar mehr Zuschauer kommen, die vielleicht mittlerweile mitbekommen haben, dass es sich lohnt, den TVN-Mädels zuzuschauen, dann könnte es fast wieder wie in alten Zeiten werden. In Liga drei halt. Aber das muss ja nicht ewig so bleiben.

Linda Leukert kämpft sich durch.

Ein paar Sätze zu Wolfschlugen müssen aber auch noch sein: Mich hat das Team schon gegen den schwächeren TV Möglingen überzeugt. Gegen Nellingen sind die Wolfschlugenerinnen nach einem Sechs-Tore-Rückstand (10:16) wieder ins Spiel zurückgekommen, haben sich reingekämpft. Sie glauben an sich und an das, was sie tun. In der Tabelle stehen sie auf Platz zwei. Man kann festhalten: So direkt nach dem Aufstieg ist Wolfschlugen schon ein richtiger Drittligist. Nellingen braucht noch ein bissle, aber bange ist mir da auch nicht.

So, kommt gut durch die Woche. Ich mache jetzt zwei Wochen Urlaub – eigentlich schon ab heute ;-).