39 Jahre lang hat Stefan Haigis Handball gespielt oder Handball trainiert. Gestern Abend wurde er beim Heimspiel des TV Nellingen gegen Travemünde vom Verein verabschiedet. Lauter junge Frauen standen da um ihn herum, und gedankt hat er – seiner Mama. Die war in der Halle, und wie muss ihr das Herz aufgegangen sein.
Stefan Haigis in Zukunft ohne Handball – oder Handball in Zukunft ohne Stefan Haigis? Ich kann es mir nicht vorstellen. Und so wird es wahrscheinlich auch nicht kommen. „Schlimm“ fand er es jedenfalls, auf der Tribüne zu sitzen. Ich muss sagen, Stefan Haigis war einer der interessanteren Trainer, mit denen ich bislang zu tun hatte. Wenn man das Gespräch nach dem Spiel nicht gerade mit der lapidaren Frage „Und?“ begonnen hat, konnte man prima mit ihm auskommen. . . 😉 Wir Journalisten mögen es ja nicht, wenn die Leute irgendwelche Sprechblasen von sich geben. Die bekam man von ihm nicht. Im Gegenteil, nach einem superspannenden Spiel kam von ihm selten ein „Mann, bin ich froh, dass wir gewonnen haben“ oder ein „Ich bin stolz auf das Team“, obwohl er es war. Er stieg gleich in die detaillierte Analyse ein. Das mit dem „stolz auf das Team“ musste man ihm geradezu aus der Nase ziehen.
Für mich waren das interessante Gespräche. Rein fachlich habe ich in meiner bisherigen Journalisten-Laufbahn von vier Trainern sehr viel gelernt, was mir später geholfen hat: Von Peter Zeidler beim SV 03 Tübingen, von Ralf Rangnick beim SSV Reutlingen (ja, da war der auch mal), von Robin Dutt bei den Stuttgarter Kickers – und von Stefan Haigis beim TV Nelingen. Und zudem war die Zusammenarbeit einfach menschlich angenehm. Bei aller kritischen Distanz des Journalisten zum Funktionsträger. Ein Beispiel kann ich dafür nennen: Einmal war Stefan Haigis mit einem meiner Artikel überhaupt nicht einverstanden. Er hat mir daraufhin eine lange Mail geschrieben, ich habe ausführlich geantwortet, wir haben uns nochmal persönlich darüber unterhalten – und alles war okay, obwohl wir in der Sache immer noch nicht der gleichen Meinung waren. So ist es gut. Aber wie geschrieben: Ich gehe davon aus, dass der Journalist Sigor Paesler irgendwann wieder mit dem Handballer Stefan Haigis zu tun haben wird. „Schlimm“ wäre das nicht.
Für die morgige Ausgabe der EZ werde ich übrigens noch ein paar Zeilen über die Verabschiedung schreiben und darüber, wie sich seine Nachfolgerin Irina Kolpakowa bislang so macht.