Handball meets Wasserball

Handball im Wasser? Nicht ganz. Fotos: Rudel, Paesler (2)

Wir haben zwei relativ ruhige Lokalsportwochen hinter uns. Das wird sich jetzt schlagartig ändern. Nach der Faschingspause – wenn auch nicht für alle – kehren die Handballer auf die Spielfelder zurück und auch mit dem Amateurfußball geht es am kommenden Wochenende weiter. Was viel gespielt wurde zuletzt war Wasserball. Natürlich war auch ich bei dem einen oder anderen Spiel – und was habe ich da regelmäßig auf der Tribüne gesehen? Handballer.

Es macht immer Sinn und Spaß, sich als Sportler mal eine andere Disziplin anzuschauen. Ich erinnere mich an Gespräche mit Fußballtrainern, die sich beim Handball das eine oder andere abschauen. Können Handballer auch vom Wasserball lernen? Manche sagen ja, Wasserball sei Handball im Wasser. Ich finde, das wird beiden Sportarten nicht gerecht.

So war es: Nachwuchs-Handballerinnen, in diesem Fall von Hegensberg/Liebersbronn, beim Wasserball.

Es gibt ein paar Parallelen: Klar, bei beiden Sportarten wird mit der Hand auf ein Tor geworfen. Und bei beiden gewinnt, wer das öfter erfolgreich tut. Ich finde auch, dass die Bedeutung des Torhüters ähnlich ist. Sie können ein Spiel entscheiden. Wer meine Geschichte über Maria Eleni Kotroni, die Wasserball-Torfrau des SSV Esslingen, liest, wird erkennen, dass man manches davon auch über Handball-Torhüter(innen) schreiben könnte. Es kommt auf die Reaktion an, die Spannweite und es ist wichtig, dass die Abwehr von hinten dirigiert wird. Die Ausstrahlung also.

Am Samstag beim Spiel der SSVE-Frauen gegen den SV Nikar Heidelberg mit dem beeindruckenden 23:8-Erfolg war die weibliche Handball-A-Jugend der SG Hegensberg/Liebersbronn zu Gast. Mit dabei auch Leonie Patorra, die von Heli stammt, sich dort in der Jugend engagiert und beim Zweitligisten Frisch Auf Göppingen spielt. Wie oft in solche Fällen, folgte der Besuch einem persönlichen Kontakt. Bei den SSVE-Männern zu den Handballern der HSG Ostfildern etwa kam dieser über Manuel Späth zustanden, der nach seiner Profikarriere für die HSG Handball spielt und beim SSVE als Vereinsmanager arbeitet. Beim Heli-Nachwuchs und dem SSVE war es ein Training, das die jungen Berghandballerinnen mal bei den Wasserballerinnen gemacht haben.

Was die SSVE-Frauen um Kapitänin Elena Ludwig zeigten, beeindruckte auch die jungen Handballerinnen.

A propos jung: Die Bundesliga-Spielerinnen im Wasser waren teilweise jünger als die anfeuernden A-Jugend-Handballerinnen auf en Rängen. Beim Wasserball scheint der Sprung zu den Erwachsenen noch schneller zu gehen als beim Handball. Was aber wohl auch daran liegt, dass Wasserball von weniger Sportlerinnen betrieben wird.

„Es war sehr gut, wie sich die Esslingerinnen präsentiert haben“, war Patorra begeistert. Wie anstrengend Wasserball ist, hat sie am eigenen Leib erfahren, denn sie war bei dem Training damals dabei. In Sachen Athletik könnten sich die Handballerinnen etwas abgucken und auch, was die Tempogegenstöße betrifft – Thema Zusammenspiel von Torhüter und Feld- (oder Becken-?) Spieler. Patorra gefiel also sehr, was sie sah. Ansonsten aber widersprach auch sie der Wasserball-ist-Handball-im-Wasser-These. „Es sind schon zwei unterschiedliche Sportarten.“

Auch die Ostfilderner Handballer haben schon mal zugeschaut, bei den SSVE-Männern.

Ein Unterschied ist, dass man beim Wasserball weniger erkennt, weil viel in dem Bereich passiert, den man nicht sieht – nämlich eben unter Wasser. Weil das so ist und weil dadurch die Verletzungsgefahr durch versteckte Fouls größer ist, greifen die Schiedsrichter beim Wasserball öfter ein als beim Handball. Das Interessante daran ist – und da spricht der, der beide Sportarten regelmäßig beobachtet -, dass dadurch der Spielfluss nicht leidet. Eine Unterbrechung beim Handball ist eine echte Unterbrechung, es geht mit einem Freiwurf weiter. Über Fußball müssen wir in diesem Zusammenhang gar nicht reden.

Im Wasserball geht es viel schneller, nicht nur, weil sich die Spieler da nicht noch die Stutzen zurecht rücken können. Pfiff, die beiden Kontrahenten gehen auseinander, weiter geht’s.

Manuel Späth ist zurzeit die personifizierte Verbindung zwischen den beiden Sportarten.

Als die HSG- bei den SSVE-Männern zu Besuch waren, war es genau das, was sie nicht gleich verstanden haben. So war zumindest mein Eindruck. Beim Wasserball wird sicherlich insgesamt nicht weniger über Schiedsrichter-Entscheidungen diskutiert. Eher im Gegenteil. Aber das mit dem Spielfluss könnten sich andere Sportarten abschauen. Sofortiges Weiterspielen nach einem Foul könnte auch den Handball schneller machen. Keine Ahnung, ob das funktioniert. Vielleicht würde es nur für noch mehr Tore sorgen wie durch die neue Anspielregel ohnehin schon. Aber man könnte es mal ausprobieren.

Handball und Wasserball sind unterschiedliche Sportarten. Aber sie sind artverwandter als andere. Vielleicht zieht es auch deshalb immer mal wieder Handballer ins Becken. Der Heli-Nachwuchs ist nur ein Beispiel. Bundesliga-Handballteams, die beim Esslinger Marktplatzturnier dabei sind, machen immer mal wieder eine Übungseinheit  bei den Esslinger Wasserball-Kollegen. Und ich erinnere mich noch sehr genau: Vor etwas mehr als fünf Jahren habe ich eine Reportage darüber geschrieben, wie die Handballer des TV Plochingen mit dem SSVE trainiert haben.

Die Plochinger Handballer, damals noch mit Christopher Weiß, haben es selbst mal versucht . . .

Leider, muss ich zugeben, hat es damals mit dem Auftakt zu einer neuen EZ-Serie mit dem Titel „Quertreiber“ nicht geklappt. Aber es war spannend und hat Spaß gemacht (mir vielleicht auch, weil ich nicht mitmachen musste, sondern nur schreiben durfte). Ich erinnere mich noch gut daran, dass der damalige TVP-Trainer Daniel Brack, der ein halbes Jahr davor seine Spielerkarriere beendet hatte, von den Handballern die beste Figur im Wasser machte. „Wir können ja auch schwimmen, aber dieses sich ständig Überwasserhalten kostet unheimlich viel Energie. Man unterschätzt das“, sagte er damals. Die ganze Reportage könnt ihr gerne noch mal nachlesen.

. . . und der damalige Trainer Daniel Brack sah dabei besonders gut aus.

Was wir auf jeden Fall lernen können: Es macht Sinn und Spaß, sich mal aus der Zone seines Sports zu bewegen. Ich mache das beruflich seit vielen Jahren und finde es sehr bereichernd. Vor meiner Zeit bei der EZ kannte ich etwa Wasserball nur aus dem Fernsehen. Ich erinnere mich noch an Olympische Spiele mit dem Esslinger Patrick Weissinger als Kapitän der Nationalmannschaft. Seither habe ich unzählige Spiele live gesehen.

Und ich hoffe, dass mal wieder eine neuen Sportart auf mich zukommt.

Also, der Handball hat uns voll wieder, der Fußball auch – man sieht sich. Warum nicht mal beim Wasserball im Stuttgarter Sportbad. Die SSVE-Frauen sind gerade eine echte Erfolgsgeschichte. Die Männer schwächeln. Und brauchen umso mehr Unterstützung. Am kommenden Samstag (14 Uhr) gegen die WF Spandau 04 – das Bayern München, äh THW Kiel oder Füchse Berlin des Wasserballs – werden sie keine Chance haben. Aber am 12. März um 14 Uhr haben sie gegen die SG Neukölln eines der entscheidenden Spiele im Kampf um den Klassenverbleib. Das reicht noch vor einem 17-Uhr-Match in einer Handballhalle. Nur mal so als Anregung.