Bei der Lektüre des „Sportjournalist“, dem Organ des Verbandes Deutscher Sportjournalisten, bin ich kürzlich auf etwas sehr Erhellendes gestoßen. Mein Kollege Albert Mehl hat da einen Kommentar über eine neue Regelung geschrieben, von der ich bislang nichts wusste. Oder wer hat mitbekommen, dass die Handball-Bundesliga (HBL) seit dieser Saison allen Beteiligten eines Handballspiels vorschreibt, in den ersten 48 Stunden nach dem Spiel nichts zu den Schiedsrichtern zu sagen? Emotionale Aufwallungen durch allzu schnell abgelassene Kommentare sollen vermieden werden.
Das erklärt manches. Nach dem Spiel der Nellinger Frauen gegen Metzingen vor knapp zwei Wochen wollte ich die Unparteiischen fragen, wie sie die Rote Karte für Metzingens Julia Smideliusz gewertet hatten. Ich hatte die Situation nicht genau gesehen, meine neben mir sitzende Kollegin vom Reutlinger Generalanzeiger meinte, die Strafe sei hart, aber vertretbar gewesen. Nun gilt Julia Smideliusz als toughe, aber nicht unfaire Sportsfrau. Aber sie hatte Agne Zukauskaite voll im Bauch getroffen. Ich also nach dem Spiel hin zu den Schiris – ich wollte einfach nur wissen, welchen Fachbegriff ich verwenden sollte. Tätlichkeit, grobes Foulspiel, sonst was? „Wir äußern uns gar nicht“, bekam ich nur zur Antwort, ziemlich unfreundlich dazu. Schade eigentlich. Aber mit verbandsseitiger Rückendeckung.
Vor einem halben Jahr gab’s die Regel noch nicht. Das heißt, als eine Art Kann-Bestimmung als Rückzugsschild schon. Da wollte ich mal mit Schiris sprechen, die einfach nur schlecht waren. Die Jungs (oder manchmal Mädels) haben’s schwer. Und auch sie haben wie Spieler mal Tage, an denen sie einfach nicht ins Spiel kommen. In dem Match jedenfalls hätte der gute alte Vlado Stenzel, der ja glaubt, dass die Schiedsrichter und nicht die Handballer über Sieg und Niederlage entscheiden, seine Freude gehabt. Damals wollten die beiden auch nicht mit mir reden. Sie sagten, das dürften sie nicht.
Dabei, und das ist der Punkt, hätten sie mir die eine oder andere Situation ja vielleicht erklären können. Ich hab es in meiner mittlerweile auch schon recht langen Journalisten-Laufbahn nämlich mehr als einmal erlebt, dass mir etwa ein Trainer nach einem Spiel erklärt hat, welche Aufgabe Spieler XY hatte, weshalb ich seine Leistung durchaus mit anderen Augen sehen und entsprechend bewerten konnte. Damals habe ich, was ich generell selten tue, über die Leistung der Schiris geschrieben. Weil sie einfach mit spielentscheidend war. Ich hätte trotzdem lieber mit ihnen gesprochen.
Also, jetzt meine Meinung dazu: Dass die HBL-Oberen auf diese Idee gekommen sind, ist nicht ganz unverständlich, sie wollten Dampf aus der Sache nehmen. Aber ich finde, meistens hilft Reden mehr als Schweigen. Zudem werden wir Journalisten (die, wenn ich es nicht verpennt habe, über die Neuerung gar nicht informiert wurden) schlicht dabei behindert, unseren Job zu machen. Ich kann dem Kollege Mehl jedenfalls nur zustimmen, wenn er schreibt: „Wen interessiert die Meinung der Beteiligten nach 48 Stunden?“ Ich jedenfalls frage da nicht mehr nach. Eure Meinung bitte!