Ein Freund von mir hat früher mit Ogu Nwagbara zusammen beim VfL Pfullingen in der 2. Bundesliga gespielt. „Selbst im Training konnten wir ihn kaum zu zweit verteidigen“, hat er mir mal erzählt. Und wer ihn und seine heute noch breiten Schultern so ansieht, der kann sich vorstellen, was für einer das gewesen sein muss, der zwei von solcher Statur überrannt hat. Ogu war ein richtig guter Handballer. Eigentlich heißt er ja Ogujiuba, was für uns aber ebenso schwer auszusprechen ist, wie man erklären muss, dass man bei der Aussprache seines Nachnamens das „N“ weglassen muss. Ich selbst kenne ihn seit seiner Pfullinger und meiner Tübinger Zeit und erinnere mich gerne an seine offene Art und sein schallendes Lachen. Gute O-Töne für die Zeitung und fürs Radio zu bekommen, war nie ein Problem.
Im EZ-Land ist der ehemalige nigerianische Nationalspieler aber vor allem als Trainer des HaSpo Ostfildern in Erinnerung. Der HaSpo steht heute vor allem für ein gescheitertes Projekt, weil er schließlich an den Finanzen gescheitert ist. Für Ogu Nwagbara war es aber im Jahr 2001 nach dem verletzungsbedingten Ende seiner aktiven Karriere die erste Trainerstation. Rolf Brack, sein Coach in Pfullingen, hat das damals eingefädelt. „HaSpo war ein Experiment, und ich war ein Teil davon. Schade, dass es nicht geklappt hat“, sagt Nwagbara heute. Und: „Abgesehen davon, habe ich nur positive Erinnerungen daran.“ Mit einigen Leuten, mit denen er damals zu tun hatte, und die wie heute in der HSG Ostfildern einfach für ein gemeinsames Ostfildern-Team gespielt oder sich sonst eingesetzt haben, hat er heute noch Kontakt, wie er erzählt. Etwa mit Ingo Seeger. Und bei Bracks 60. Geburtstag war er natürlich auch. Aus Pfullinger Zeiten hält er noch Kontakt etwa mit Wolfgang Birk und Holger „Breitzke“ Breitenbacher. Meinem Freund lässt er einen herzlichen Gruß ausrichten. Werde ich gerne machen.
Und was macht Ogu heute? Als ich in angerufen habe – er ist einer von denen, dessen alte Handy-Nummer noch gilt –, hat er sich meinem Eindruck nach gefreut. „Es geht mir supergut“, hat er auf meine Eröffnungsfrage geantwortet. Das freut mich – und ich habe ihn auch als einen positiv denkenden Menschen abgespeichert. Heute versucht er, aus dieser Einstellung und Ausstrahlungen etwas zu machen. Er hat Sozialpädagogik studiert und vor ungefähr zwei Jahren damit angefangen, als Coach zu arbeiten. Und zwar nicht (nur) im Sport. „Ich begleite Menschen, die in einer entscheidenden Phase ihres Lebens sind“, erklärt er. Dabei will er „ihre Ressourcen“ fördern. Denn „Probleme sind eine Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln“.
Er hat mir genau erklärt, was er da macht. Aber bevor ich jetzt versuche, das wiederzugeben, schaut einfach mal auf seine Internetseite www.oncoaching.de. Da hat er bestimmt nichts dagegen, denn „ich bin noch in der Aufbauphase und suche noch Klienten“. Seinen Hauptjob hat er als Teamleiter bei einer Jugendeinrichtung in Holzgerlingen. „Eine anstrengende, aber schöne Aufgabe“, wie er sagt. Zudem tritt er als Referent bei der DHBW-Hochschule in Stuttgart auf. In Stuttgart-Weilimdorf wohnt er auch.
Und was macht Ogu Nwagbara heute handballerisch? Im Moment nichts. Nach dem Zusammenbruch des HaSpo war der B-Lizenz-Inhaber beim TSV Schönaich, den er von der Bezirks- in die Landesliga geführt hat. Danach war er lange bei der HSG Schönbuch, die er in der vergangenen Saison nach der Beurlaubung von Carsten Schmidmeister in der Württembergliga nochmal interimsmäßig übernommen hat. Der Verein liegt ihm am Herzen. Deshalb ist er dort auch manchmal als Zuschauer in der Halle. „Ansonsten schaffe ich es viel zu selten, mir mal ein Spiel anzuschauen, obwohl ich immer wieder eingeladen werde.“
Ogu Nwagbara kann sich schon vorstellen, wieder einen Trainerposten zu übernehmen. Im EZ-Land gab es mal Gespräche mit dem TV Plochingen, aus denen dann nichts geworden ist. Aber mit dem Job als Sozialpädagoge und dem Aufbau der neuen beruflichen Existenz ist das schwer zu vereinbaren. „Es muss passen“, sagt er. Anfragen gibt es immer wieder.
Das aktive Handballspielen ist für Ogu Nwagbara mittlerweile lange Vergangenheit. Dabei hat er mit seiner unwiderstehlichen Art Eindruck hinterlassen. Auch bei mir, der ihn in Pfullingen oft gesehen hat. Heute lebt er gut mit seinem künstlichen Schultergelenk. „Es gibt einige Dinge, die ich nicht machen kann“, sagt er und lacht, „es sei denn, ich will merken, wie sich die Schmerzen anfühlen.“
Ogu Nwagbara geht es gut. Der Handball spielt in seinem Leben nicht mehr die Hauptrolle. Aber immerhin hat er ihn nach Deutschland geführt, wo er heimisch geworden ist. Und vielleicht bekommt er ihn mal wieder als Trainer, vielleicht sogar im EZ-Land.