Schade für Tim Kneule

Der Auftritt gegen Russland Anfang Juni war das zunächst letzte Länderspiel für Tim Kneule (vorne). In Rio ist der Göppinger nicht dabei. Foto: dpa
Der Auftritt gegen Russland Anfang Juni war das zunächst letzte Länderspiel für Tim Kneule (vorne). In Rio ist der Göppinger nicht dabei. Foto: dpa

Die Esslinger Handball-Fans dürfen sich auf Tim Kneule freuen. Ich hätte ihm aber gegönnt, dass er am übernächsten Wochenende nicht auf den Marktplatz kommt. Wenn Bundesligist Frisch Auf Göppingen zum Markplatzturnier antritt, ist Kneule also dabei, Paul Drux aber wird nicht mit Titelverteidiger Füchse Berlin anreisen. Drux bereitet sich mit der Nationalmannschaft auf die Olympischen Spiele in Rio vor, Kneule wurde von Bundestrainer Dagur Sigurdsson bei der Reduzierung des Kaders von 21 (plus Ersatzmann Steffen Fäth) auf 14 gestrichen.

Ganz überraschend ist das nicht. Spätestens als Kneule im Testspiel gegen Tunesien am Mittwoch in Stuttgart nicht zum Einsatz kam, war wohl auch ihm klar, dass es nicht reichen würde. Und er hat ja auch erst vor ein paar Wochen sein Comeback im Nationalteam gefeiert, nachdem er Anfang des Jahres den EM-Titel nicht mitgewonnen hat.

Schade aber ist, dass Sigurdsson in dem Balinger Martin Strobel nur einen echten Spielmacher mitnimmt. Für Rückraum Mitte hat er dazu eben noch Drux nominiert, der kein echter Mitte-Mann ist, sondern eher von links kommt. Aber heute kann ja eigentlich fast jeder überall spielen, vor allem im Rückraum. Man könnte auch sagen, dass Abwehrspezialist Finn Lemke Kneule vorgezogen wurde. Letztendlich ist es egal, denn Kneule hat sich wahrscheinlich ohnehin keine sooo großen Hoffnungen gemacht.

Es war halt seine letzte Chance auf Olympia, wie er mir am Montag beim Medientag der Nationalmannschaft erzählt hat. Sehr sympathischer Kerl übrigens – weshalb wir uns auch auf ihn in Esslingen freuen dürfen.

Der Knaller der Nominierung betraf die Torwartfrage, bei der es Sigurdsson besonders schwer hatte. Andreas Wolff und Silvio Heinevetter (der damit auch nicht auf dem Marktplatz aufläuft) hat er Carsten Lichtlein vorgezogen. Der gehört zumindest zu den Ergänzungsspielern, die mit nach Rio fliegen dürfen.

Ich hab jetzt erstmal zwei Tage frei, ehe eine spannende Woche auf mich wartet: Am Sonntag Planung in der Redaktion, Montag bis Mittwoch beim VfB Stuttgart im Trainingslager am Chiemsee – und dann von Freitag bis Sonntag Handball-Marktplatzturnier in Esslingen. Ein echtes Highlight, auf das ich mich sehr freue. Mal sehen, wie Tim Kneule da drauf ist.

Und jetzt möchte ich euch noch einen Kommentar von meinem Kollegen Arne Wohlfahrt von der Wetzlarer Neuen Zeitung, einem Koperationspartner von uns, präsentieren. Arne ist absoluter Handball-Experte und hat die EZ-Leser unter anderem mit Texten von der EM in Polen erfreut. Auch er macht sich Gedanken über Sigurdssons Rio-Nominierung.

 

Kommentar
Von Arne Wohlfarth
Unsinn des IOC

Dass Dagur Sigurdsson einigen seiner Europameister weh tun musste, stand schon lange fest. Nun hat es Jannik Kohlbacher, Steffen Weinhold, Rune Dahmke, Erik Schmidt und Carsten Lichtlein aus unterschiedlichen Gründen getroffen. Das Quintett wird verständlicherweise enttäuscht sein. Doch der Ärger sollte sich weniger auf den Bundestrainer als auf das Internationale Olympische Komitee konzentrieren. Denn noch immer beharrt dieses Gremium darauf, dass nur 14 Handballer plus ein Reservist nominiert werden dürfen. Bei den anderen Großereignissen ist es längst gang und gäbe, dass 16 Akteure auf dem Spielberichtsbogen auftauchen dürfen. Aus gutem Grund übrigens. Die Belastung ist enorm hoch. Alle zwei Tage steht ein Spiel an. Da beugt es Verletzungen vor, wenn ein Coach ab und zu rotieren kann. Und ausgerechnet beim wichtigsten aller Wettbewerbe werden die Trainer in ihrem taktischen Handeln eingeschränkt. Das ist unverständlich. Zumal Kostengründe dafür verantwortlich sein sollen. Dabei würden uns genügend Dinge einfallen, wo das nicht mit Verschwendung geizende IOC sparen könnte.