Uns Journalisten wird ja gerne vorgeworfen, wir würden mit Vorliebe über negative Dinge berichten. Ich habe mich dagegen immer gewehrt. Natürlich müssen wir kritisch hinschauen und kritisch berichten. Gerade in einer Zeit, in der die Verbreitung von Nachrichten immer schneller wird – auch von falschen –, ist es unsere Aufgabe, zu hinterfragen, aufzudecken, einzuordnen.
Aber ich bin Sportjournalist geworden, weil ich den Sport liebe. Deshalb sehe auch ich lieber ein gutes als ein schlechtes Spiel und freue mich mit Menschen, die einen guten Job machen, über den Erfolg. Objektiv berichten tu ich so oder so und allgemein ist es als Berichterstatter auch kein Fehler, wenn man kein Fan der Mannschaft ist, über die man berichtet. Gleichzeitig weiß ich, dass die meisten meiner Leser Fans der Mannschaften sind, über die ich berichte.
Ein Beweis dafür, dass ich gerne über positive Entwicklungen schreibe, ist in der morgigen Samstagausgabe der EZ zu sehen. Ich hatte schon länger vor, etwas über die Frauen-Teams im EZ-Land zu machen. Selten war der Zeitpunkt günstiger als jetzt, habe ich beim Blick auf die Tabellen am Ende des vergangenen Wochenendes gesehen.
TSV Wolfschlugen, TV Reichenbach, SG Hegensberg/Liebersbronn, TV Nellingen II – alle spielen sie bislang eine Saison, für die mir fast nur eine Vokabel einfällt, die man nicht überstrapazieren sollte: sensationell.
Jedenfalls habe ich in dieser Woche nur bestens gelaunte Gesprächspartner am Telefon gehabt – zumindest bei der Recherche zu diesem Thema. Die Wolfschlugenerinnen, die sich mit den Männern des Vereins als Mitglied der Baden-Württemberg Oberliga abgewechselt haben, stehen als Aufsteigerinnen dort, wo sie auch am Ende der Runde stehen wollen: auf einem guten Mittelfeldplatz, nämlich Rang sieben mit einem positiven Punktekonto von 12:8.
Thema der Woche war das Comeback von Tine Gall, die nach ihrem Karriereende im Sommer beim HC Wernau angesichts der großen Verletzungsmisere in Wolfschlugen bis zur Winterpause aushilft. Bei ihrem ersten Einsatz gegen Bönnigkeim konnte sie die Niederlage zwar nicht verhindern, aber sie wird dem Team mit ihrer Erfahrung mit Sicherheit weiterhelfen. G’lernt isch g’lernt.
Ebenfalls als Aufsteiger mischt Hegensberg/Liebersbronn die Württembergliga auf – wie die Männer der SG als Neuling die Landesliga. Auf dem Berg dürften sie aus dem Feiern gar nicht herauskommen. Aber sie bleiben da oben schön auf dem Boden, wie Trainerin Silke Zindorf erklärt hat. Auch die Kollegen Uwe Pätzold aus Reichenbach und Michael Steinkönig aus Nellingen handeln nach dem Motto: Was man hat, hat man.
Bei allen drei Clubs rechnen sie nicht unbedingt damit, dass sie auch am Ende der Saison so weit oben stehen. Aber durchaus damit, dass es in den kommenden Jahren weitere Schritte nach vorne gehen kann. Was mir dabei besonders gut gefallen hat: Von Neid gegenüber den Nachbarn hab ich in den Gesprächen nichts mitbekommen. Im Gegenteil: Es war viel Wertschätzung dabei. Das liegt auch daran, dass erkannt wird, dass der Erfolg nicht von ungefähr, sondern (auch und/oder vor allem) durch eine gute Nachwuchsarbeit kommt. Das war in Württemberg ja nicht immer so. Von daher können wir – auch über das EZ-Land hinaus – für die Zukunft optimistisch sein.
Die Reichenbacherinnen haben mich bei der Geschichte übrigens vor eine besondere Schwierigkeit gestellt, mit der wir es im Zeitungs-Journalismus allerdings immer wieder zu tun haben: Im Moment stehen die TVR-Frauen auf dem zweiten Platz. Sie spielen aber am heutigen Freitag noch in Göppingen und sind da auch Favorit. Wenn sie gewinnen, verdrängen sie den Top-Aufstiegskandidaten Leinfelden-Echterdingen von der Tabellenspitze – zumindest bis zum kommenden Dienstag, wenn LE zum Spitzenspiel HeLi erwartet.
Das Spiel beginnt im 20.30 Uhr. Jetzt kann ich aber nicht dann erst mit dem Schreiben anfangen, selbst wenn ich den Redaktionsschluss um 23.30 Uhr ausreizen würde. Also hinterlasse ich meinem Kollegen, der den Spätdienst verrichtet, an zwei Stellen meines Textes zwei Versionen. Geht nicht anders. Und ändert auch nichts an der Grundtendenz des Textes. Dass nämlich die Frauenteams im EZ-Land (unterhalb der Bundesliga 😉 ) bislang eine sensationelle Saison spielen. Es hat Spaß gemacht, drüber zu schreiben.
Update:
Wer sagt’s denn: Reichenbach hat gewonnen. Und das sieht gut aus: