Eigentlich wollte ich nach meiner Urlaubspause morgen darüber schreiben, wie sich die Handballer im EZ-Land am Wochenende geschlagen haben und wie sie dastehen. Aber irgendwie ist an diesem Wochenende alles anders. Mein Kollege Thomas Hain von unserem G14+-Kooperationspartner „Wetzlarer Neue Zeitung“ hat ein Interview mit dem französischen Nationalspieler Guillaume Joli geführt, das ich euch hier gerne zum Lesen geben möchte.
Von Thomas Hain
Guillaume Joli trägt neben dem Trauerflor, den alle Spieler, Trainer und Schiedsrichter übergestreift haben, die Tricolore auf dem Trikotärmel. Der französische Weltmeister des Handball-Bundesligisten HSG Wetzlar zeigt am Tag nach den Anschlägen von Paris Flagge.
„Es war nicht leicht, an das Spiel in Göppingen zu denken“, erklärt der Linkshänder nach dem 29:28-Sieg. „Ich habe die halbe Nacht vor dem Fernseher gesessen und danach nicht gut geschlafen. Das ist alles schrecklich“, schildert der 30-Jährige im Gespräch, wie er die dramatischen Stunden erlebt hat. Und er betont, dass er nie daran gedacht hat, am Tag danach nicht zu spielen.
Guillaume Joli, wie haben Sie die Tragödie in der Nacht zum Samstag mitbekommen?
Joli: Ich habe mit Max Holst (Linksaußen der HSG Wetzlar, die Red.) bei mir zu Hause das Fußballspiel im Fernsehen angeschaut. Die erste Halbzeit auf dem französischen Sender. Niemand hat irgendetwas von Vorfällen außerhalb des Stadions gesagt. Zur zweiten Halbzeit haben wir wie geplant aufs deutsche Fernsehen umgeschaltet, einfach nur, um mal zu wechseln. Und plötzlich hörten wir die ersten Schreckensmeldungen. Dann bin ich sofort auch ins Internet gegangen, um mehr zu erfahren. Ich habe die halbe Nacht vor dem Fernseher gesessen und danach nicht gut geschlafen. Das ist alles schrecklich.
Haben Sie auch nach Hause angerufen?
Joli: Natürlich. Aber meine Angehörigen leben in Lyon, weit entfernt von Paris. Ich hatte keine Angst um meine Familie. Aber es war schrecklich, was in meinen Land mit meinen Landsleuten passiert ist. Wir haben uns in der Gruppe der Nationalspieler sofort gegenseitig Nachrichten geschrieben, um nachzufragen, ob alle von Paris St. Germain okay sind. Alle antworteten sofort. Das waren wenigstens ein paar gute Nachrichten.
Und am nächsten Abend mussten Sie ein Handballspiel bestreiten …
Joli: Mir ist während der Busfahrt natürlich viel durch den Kopf gegangen, was auf dieser verrückten Welt alles passiert. Es war nicht leicht, an das Spiel in Göppingen zu denken. Aber unser Leben muss weitergehen, auch wenn wir in diesem Moment Angst haben. Ich hoffe, dass unser Präsident jetzt gute Entscheidungen trifft, um gegen diese Leute zu kämpfen. Wir dürfen uns ihnen nicht unterwerfen.
Haben Sie darüber nachgedacht, in Göppingen nicht zu spielen?
Joli: Nein. Wenn wir uns nicht mehr aus unseren Häusern trauen würden, unser Leben nicht so normal wie möglich weiterführen, glauben sie, sie hätten gewonnen. Es ist gut, dass die deutsche Bundesliga der Opfer in Frankreich gedenkt. Und ich bin meinem Club dankbar, dass ich neben der schwarzen Binde unsere Nationalflagge auf dem Trikot als Zeichen der Trauer um meine Landsleute und des Mitgefühls mit ihren Familien und Freunden tragen durfte.