Hinter den Handballern der HSG Ostfildern liegt eine alles andere als leichte Woche. Aber es gab ein gutes Ende – das bis am Freitagabend so um Viertel vor zehn kaum zu erwarten war.
Nach fünf Niederlagen in Folge hatten sich der Verein und Trainer Frank Ziehfreund sowie sein Assistent Michel Jäger getrennt. In gegenseitigem Einvernehmen, wie es so schön heißt. Wie es genau ablief, ist nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Offensichtlich hatten beide Seiten den Eindruck, dass es nicht so weitergehen konnte wie bisher. Dann kamen wohl ebenso beide Seiten zu der Erkenntnis, dass eine Trennung das Beste ist. Beiden Seiten fiel das offensichtlich nicht leicht.
Die Trennung kam überraschend und nicht überraschend zugleich. Überraschend, weil die Konstellation Ziehfreund-Ostfildern zu passen schien und ja auch die erste Saison nach dem Aufstieg – der noch unter Vorgänger Michael Schwöbel gelungen war – sehr gut war. (Intern) weniger überraschend war es möglicherweise, weil wohl neben den Niederlagen in den vergangenen Wochen schon durchschien, dass es nicht mehr so ganz passte. Böse Worte, auch das schien allen wichtig, gab es aber überhaupt nicht.
Nun ist es so gekommen, wie es gekommen ist. Frank Ziehfreund und Michel Jäger werden noch eine Weile an der Sache zu knabbern haben und irgendwann wieder in das Thema Trainertätigkeit einsteigen. Und in Ostfildern wird weiterhin Handball gespielt.
Wobei die HSG zunächst nicht in Ostfildern, sondern bei der SG Hegensberg/Liebersbronn gespielt hat. Und mit 30:28 gewonnen hat. Für das Interimstrainerduo Magnus Gründig/Marco Gassmann war es ein Einstand nach Maß. Die beiden gehen mit einer Mischung aus Demut und Selbstbewusstsein an die Sache ran. Die Traineryoungster – 23 und 24 Jahre alt – wissen, dass sie die Mannschaft nur so lange betreuen, bis ein neuer Chefcoach gefunden ist. Und das ist für sie auch in Ordnung. Aber sie wissen auch, dass man in der Szene registrieren wird, wie sie ihre Sache machen. Irgendwann wollen sie den nächsten Schritt gehen.
Beim Derby auf dem Esslinger Berg sah es lang danach aus, dass ihr Debüt in die Hose gehen würde. In der ersten Hälfte liefen die Ostfilderner permanent hinterher. Dem Gegner, und was das Ergebnis betrifft. Dann kam ab der 40. Minute die für viele überraschende Wende. Die nicht für alle überraschende Wende. Gründig und Gassmann erklärten nach dem Spiel jedenfalls, dass sie darauf spekuliert hatten, dass die Akteure von Hegensberg/Liebersbronn aufgrund des dünneren Kaders nachlassen würden.
So kam es auch. Aber das erklärt nur teilweise, warum die HSG-Handballer dann auch wieder die passende Körpersprache und den Glauben an das eigene Können an den Tag legten, was sie beides zuvor und auch in den vergangenen Wochen nicht gezeigt hatten. „Wir haben in der Pause offensichtlich die richtigen Worte gefunden“, sagte Gassmann vergnügt.
Einer, der schon zuvor dabei war, und nun gemeinsam mit den beiden Interimstrainern auf der Bank saß, war besonders emotional. Während des Spiels und auch danach. Betreuer Matthias Dunz. „Diese kämpferische Leistung zu zeigen nach den vielen Niederlagen, dass muss man erst mal schaffen“, sagte er, „Hut ab vor der Mannschaft.“
Die muss nun zeigen, dass sie neben der richtigen Einstellung auch ihr spielerisches Potenzial wieder länger als gut zwanzig Minuten auf das Parkett bringen kann. Denn es ist kein Automatismus, dass es im letzten Spiel der Jahres – und vermutlich unter Gründig/Gassmann – bei der SG Langenau/Elchingen wieder einen (glücklichen) Sieg gibt.
Die Vereinsführung muss derweil einen neuen Trainer suchen. Viele sind derzeit nicht ohne Verein, ein paar aber schon: Stefan Haigis, Ralf Rascher, Lars Schwend, Daniel Mayr, Jochen Masching, um einige zu nennen. Letzterer Name wurde am Rande des Derbys eifrig diskutiert – weil er eben zuletzt bei Hegensberg/Liebersbronn tätig war.
Das Thema aus übergeordneter EZ-Handballland-Sicht war in den vergangenen Tagen die HSG Ostfildern. Aber am Freitagabend im Derby hat ja auch die SG Hegensberg/Liebersbronn mitgespielt. Und bei der SG macht man sich nach der Niederlage eigene Gedanken. Darüber vor allem, warum man dieses Spiel gegen einen sicherlich besonders motivierten, aber doch geschwächten Gegner verloren hat. Durch einen Sieg hätte die Mannschaft einen Satz Richtung Tabellenmittelfeld gemacht und den nun nach Pluspunkten gleichgezogenen Gegner auf Abstand gehalten.
So sehr sich die Mannschaft von Trainer Sinisa Mitranic nach dem schwachen Saisonstart – gegen starke Gegner allerdings – gefangen hat, diese Niederlage war ärgerlich. Was den Hauptgrund betrifft, so dürften die HSG-Coaches Gründig/Gassmann wahrscheinlich Recht haben: Der SG-Kader ist einfach zu dünn.
Wolfgang Zeh machte – vor allem in der ersten Hälfte – ein gutes Spiel, Arne Helms setzte Akzente, Henning Richter übernahm Verantwortung. Am Ende aber hängt zu viel von Fabian Sokele ab. Ostfildern stellte auf eine Sokeles Kreise einengende 5:1-Abwehr um – und hatte die SG fast schon geknackt. Dazu stand Sokele sehr lange auf dem Spielfeld und wurde am Ende, in der entscheidenden Spielphase, müde. Dass er zwei seiner vier Siebenmeter, davon einen ganz wichtigen kurz vor Schluss beim Stand von 28:29, verwarf, ist auch eine Sache der Konzentration.
Dass für Hegensberg/Liebersbronn die Saison schwer werden würde, war allerdings zu erwarten. Und insgesamt macht es die Mannschaft gut und hat allemal das Zeug dazu, eine ordentliche Runde mit zumindest der Qualifikation für die Verbandsliga zu spielen.
Von Ostfildern war mehr zu erwarten. Jetzt sind sie bei der HSG aber erst einmal froh, das Derby und damit das Spiel eins nach dem Trainerwechsel gewonnen zu haben. Frank Ziehfreund wird es vermutlich von daheim aus mitverfolgt und sich bei allem Frust über die Erlebnisse der vergangenen Woche gefreut haben.