Quo vadis Nellingen und Plochingen?

Hat sich die Sache in Plochingen anders vorgestellt: Michael Stettner, dahinter auf der Bank Volker Haiser. Fotos: Rudel

Ich weiß, ich komme in dieser Saison hier am Kreis nicht so oft zum Schreiben. Aber zurzeit ist im hiesigen Handball so viel los, dass ich einerseits eigentlich noch weniger Zeit dafür – aber eben auch eine Menge zu sagen habe.

Steffen Rost sitzt wieder beim TSV Deizisau auf der Bank – wobei Trainer ja mehr stehen als sitzen. Aber das ist eine andere Geschichte. Als das raus war, waren die nächsten zwei mindestens so spektakulären Themen schon in der Pipeline: Veronika Goldammer verlässt den TV Nellingen in Richtung HSG Stuttgart/Metzingen und Michael Stettner verlässt den TV Plochingen in Richtung unbekannt.

Beide Personalien aus der Regionalliga – einmal Frauen, einmal Männer – bringen ihren jeweiligen Verein in große Schwierigkeiten – beziehungsweise es wäre gar nicht dazu gekommen, wenn es nicht schon vorher Probleme gegeben hätte. Ansonsten sind die beiden Fälle kaum zu vergleichen. Unter anderem, weil Goldammer bald 19 Jahre beim TVN ist und Stettner noch nicht mal eines beim TVP. Was die beiden Vereine wiederum gemeinsam haben: Sie wollen kämpfen und ihr Niveau halten.

Der Reihe nach. Was meine Meinung zu Nellingen betrifft, so konntet ihr sie ja schon in der EZ in meinem Kommentar nachlesen. Aber noch das dazu: Schon lange geht es beim TVN bergab und schon lange gibt es Stimmen, die etwas sagen wie: „Wenn die Vroni geht, bricht der Laden vollends zusammen.“ Das kann jetzt passieren. Ich bin mir nicht sicher, ob mit einem Beitritt in die Spielgemeinschaft mit Stuttgart (Kickers) und Metzingen alles gut geworden wäre, wie Goldammer sich das erhofft hat. Und man muss sich so einen Schritt gut überlegen. Sie geht, weil die Mehrheit in der Abteilungsführung diesen Schritt nicht gehen will. Andererseits fehlt mir die Fantasie, wie der Verein für die kommende Saison ein ordentliches Oberligateam zusammenbekommen will – dass der Abstieg noch vermieden wird, ist eher unwahrscheinlich.

Vroni Goldammer (rechts) und Steffi Urbisch waren sich einig: Sie wollten in die HSG Stuttgart/Metzingen. Eine Mehrheit in der Abteilungsführung wollte es nicht.

Der Kader ist sehr klein und die meisten Spielerinnen für andere Vereine interessant. Wenn eine oder zwei gehen, werden weitere folgen. Das Traurige daran: Selbst Oberliga wäre für den einstigen Bundesligisten – der seine beste Zeit in der 2. Bundesliga hatte – kaum ein ausreichender Oberbau für die nach wie vor gute Nachwuchsarbeit. Schade, was da in Nellingen passiert. Vielleicht lässt sich ja durch die Ideen, von denen Ex-Kapitänin Sandra Härtl mir gegenüber gesprochen hat, noch etwas abwenden. Ich würde mich freuen, bin aber ehrlich gesagt skeptisch.

Und Plochingen: Auch da wird es sehr schwer, eine in diesem Fall regionalligataugliche Mannschaft für die kommende Runde zusammenzubekommen. Der Klassenverbleib, da bin ich mir sicher, wird gelingen und ich glaube auch, dass das scheidende Trainerduo – Volker Haiser geht mit – und die Spieler alles tun werden, um sich sportlich ordentlich zu verabschieden.

In Plochingen haben die momentanen Schwierigkeiten keinen so langen Vorlauf, auch wenn der Aufstieg damals in die 3. Liga – und Corona – Auswirkungen hatten. Es ist halt nicht so leicht für einen ehrenamtlich geführten Verein, dieses sportliche Niveau zu stemmen. Eine Ausnahme zu der Sache mit dem Vorauf: In Plochingen haben in den vergangenen Jahren viele Handballer gespielt, die sich während ihrer Zeit dort voll eingebracht und sich mit dem Verein auch identifiziert haben. Aber es waren eben wenige, die schon lange da waren. Und damit tut man sich vielleicht ein bisschen leichter, sich zu verändern, wenn es die Lebensumstände auch tun. Das ist nun bei vielen Spielern auf einmal der Fall.

Es kam eins zum anderen, dass die Mannschaft nun auseinanderbröselt und dann auch die Trainer keine Perspektive mehr sahen. Dass Michael Stettner das jetzt geklärt haben will und offen sagt, dass er etwas Neues sucht, finde ich übrigens legitim.

Nachwuchs ist da, aber das wird für die Regionalliga nicht reichen. Die Plochinger haben es in der Vergangenheit einige Male geschafft, aus einer schwierigen Kadersituation herauszukommen, zuletzt vor einem Jahr. Sie wollen auch jetzt die Ärmel hochkrempeln, statt den Kopf in den Sand zu stecken. Überzeugt bin ich aber nicht, dass wir in der kommenden Runde eine gute Regionalligamannschaft in der Schafhausäckerhalle sehen. Wichtig wird sein, zunächst einen Trainer mit einer gewissen Sogwirkung zu finden.

Aber auch hier gilt, dass ich den Plochingern wünsche, dass sie es schaffen. Meine Vorstellung für die Region wäre eh: Nellingen irgendwann wieder als guter Zweitligist, Plochingen irgendwo zwischen dritt- und vierthöchster Spielklasse. Aber jetzt heißt es erst einmal, den freien Fall zu verhindern. Ich werde es beobachten und in der EZ sowie hier darüber schreiben.