Ungewöhnliche Vorgänge

Viele inklusive Veronika Goldammer (vorne) wird man nicht mehr in Hornissen-Farben sehen. Romuald Guervilly (links) will helfen. Fotos: Rudel

Es ist handballerisch gerade ein ziemliches Wechselbad der Gefühle. Negativer Höhepunkt war der Tiefpunkt, an dem der TV Nellingen angekommen ist. Positiver, wenn auch von längst nicht so großer Tragweite, der Sieg des TSV Deizisau gegen Spitzenreiter TV Neuhausen/Erms. Das andere Neuhausen, „unser“ TSV in der 3. Liga, macht gerade auch Spaß, was angesichts der vielfältigen Personalien für manche durchaus etwas überraschend sein könnte.

Was soll ich zu Nellingen schreiben? Ich verfolge die Hornets ja schon viel länger, als sie sich überhaupt Hornets nennen. Daher ist mir der Verein natürlich bei aller journalistischen Objektivität nicht egal. Alleine schon, weil der TVN einfach eine Nummer ist in der hiesigen Szene. Oder bald war?

Dass ein Viertligist – und ehemaliger Bundesligist – sein Team aus dem laufenden Spielbetrieb abmeldet, ist jedenfalls kein gewöhnlicher Vorgang. Es werden in der Sporthalle 1 auch in der kommenden Saison Tore geworfen. Auf jeden Fall in der Jugend, aber sicher nicht auf dem bisherigen Niveau. Ob es ein Frauenteam geben wird, steht tatsächlich in den Sternen. Wer hätte sich das vorstellen können? Als Problem stellt sich nun auch heraus, dass es kein zweites Team mehr gibt – um aufzufüllen oder um im Zweifel dessen Startplatz einzunehmen.

Romuald Guervilly hat in Nellingen gerade erst richtig angefangen – und jetzt ist Schluss.

Mir tut das alles leid für die, die bleiben, die, die für sich keine Perspektive mehr in Nellingen sehen, und die, die sich einbringen – zum Teil erst seit ein paar Wochen. Der neue Trainer Romuald Guervilly etwa, der sich fragen muss, wo er da hineingeraten ist – und trotzdem helfen will, den Karren wieder einigermaßen flott zu bekommen.

Stand heute, so hat es mir Abteilungsleiter Tobias Danner erklärt, gibt es sicher zwei und vielleicht vier Spielerinnen im Kader für die (Oberliga-) Saison 2025/2026. Die Abteilungsführung um Danner, die auch erst seit einem Jahr im Amt ist, will durch eine Rückholaktion ein Team zusammenbekommen. Ob das angesichts des angeschlagenen Rufes gelingt? Von unten kommt nicht ausreichend viel nach, selbst Danner spricht von einer „massiven Abwanderungswelle“ zur HSG Stuttgart/Metzingen. Manche gehen auch anderswo hin.

Zur HSG wechselt die langjährige Trainerin und sportliche Leiterin Veronika Goldammer und folgt damit ihrer Tochter Katharina. Das war die Schlagzeile vor der zum Rückzug. Ich habe viele und sehr unterschiedliche Rückmeldungen zu meinem Text und meinem Kommentar zu dem Thema und auch zum jüngsten Text über Nellingen bekommen. Es ist auf jeden Fall komplex.

Läuft: Steffen Rost ist zurück an der Deizisauer Bank.

Ich drücke den Machern in Nellingen jedenfalls die Daumen, dass es zumindest irgendwie weitergeht. Mit fehlt im Moment die Phantasie, wie das bei den Frauen gelingen soll. Aber wer weiß, was – oder besser wen – sie aus dem Hut zaubern. In der Jugend kann man kleinere Brötchen backen, wie andere Vereine vorgemacht haben und wodurch sie wieder auf die Füße gekommen sind.

Zu Deiziaus und Neuhausen nur noch ein paar Sätze: Der Rost-Effekt bei den Deizisauern scheint einzusetzen: Viertes Spiel unter dem Trainer-Rückkehrer und -Einspringer, zweiter Sieg und dazu einer gegen den Spitzenreiter TV Neuhausen/Erms. Chapeau. Das tat Mannschaft und Umfeld gut. Jetzt muss die Trainerfrage für die kommende Saison entschieden werden. Für mögliche Interessenten bietet es sich an, am Samstag um 19.30 Uhr in die Hermann-Ertinger-Halle zu reisen. Denn da steht das Derby gegen den TSV Wolfschlugen an, der sich im Gegensatz zu den Deizisauern in der Abwärtsspirale befindet – aber trotzdem eine gute Mannschaft hat.

Die Neuhausener um Fabian Gross (links) haben alles im Griff.

Das findet übrigens auch Deizisaus Ex-Spieler Arne Staiger, der sich, wie er mir heute sagte, auch auf ein Wiedersehen mit seinem ehemaligen Mitspieler und heutigem Wolfschlugener Funktionärskollegen Michael Handte freut. Nicht ganz unerwarteter O-Ton von Staiger: „Die Wolfschlugener werden die Kurve kriegen, damit sollen sie aber nach dem Samstag anfangen.“

Nochmal Chapeau, für Neuhausen: Trainer Tobias Klisch auf dem Absprung inklusive nicht ungetrübtem Verhältnis zu einigen Funktionären, viele Ausfälle in der Mannschaft. Aber der Rest rauft sich sowas von zusammen. Der starke 37:26-Sieg gegen den HC Erlangen II war ein Beweis dafür. Auch das ist irgendwie ein ungewöhnlicher Vorgang. Eines scheint mir jedenfalls sicher: Klisch wird die Mannschaft sehr ordentlich an seinen Freund Daniel Brack übergeben. Freut mich!

Gute Woche allen, man sieht sich irgendwo in einer Halle