Anschauungsunterricht

Frieder Gänzle und der TSV Deizisau fahren den ersten Sieg nach dem Aufstieg in die BWOL ein. Foto: Rudel
Frieder Gänzle und der TSV Deizisau fahren den ersten Sieg nach dem Aufstieg in die BWOL ein. Foto: Rudel

Mir scheint, ich habe am Wochenende alles richtig gemacht. Zumindest, was die Wahl meiner Termine betraf. Ein hochrangiger Funktionär des TSV Deizisau kam gestern Sekunden nach der Schlusssirene des ersten Heimspiels der Deizisauer Handballer in der Baden-Württemberg Oberliga zu mir und meinte: „So wie unsere Spieler sollen die Herren mit dem roten Brustring mal kämpfen.“

Selbst in der Ertinger-Halle in Deizisau war das Drama des VfB Stuttgart in der Fußball-Bundesliga Thema. Das 0:2 vor 44 000 Zuschauern gegen 1899 Hoffenheim musste mein Kollege Hannes Kern am Samstag miterleben und anschließend das Ganze in Worte fassen. Ich war gestern einer von (nur) 300 Leuten in der Deizisauer Halle, die den 32:23-Erfolg gegen die HG Oftersheim/Schwetzingen miterleben durften.

Ich habe selten eine so starke Mannschaftsleistung gesehen. Und selten einen so stolzen Trainer. Nach der Auftaktniederlage in Schwäbisch Gmünd hatte Mike Wolz „keine leichte Woche“ hinter sich, wie er sagte. Und dann das. In den ersten Minuten schon hat man gemerkt, dass Oftersheim/Schwetzingen richtig gute Handballer in der Mannschaft hat. Es gibt in der Liga etwa wenige, die so eine Dynamik haben wie Tobias Schmidt. Aber Aufsteiger Deizisau hat dem Aufstiegs-Kandidaten den Schneid abgekauft. Das war richtig gut.

Vor allem das Prunkstück Abwehr hat funktioniert, und zwar über fast 60 Minuten. Vorne mussten sich die Deizisauer die Tore zunächst deutlich härter erarbeiten als der Gegner, aber sie wurden immer souveräner. Und bis die HG-Spieler gemerkt hatten, dass sie vielleicht doch eine Schippe drauflegen müssen, um ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden, war es zu spät. „Verheerende Vorstellung“ hat die HG auf ihrer Homepage über den Spielbericht geschrieben. „Beeindruckend“ steht über meinem Text (heutige EZ, Seite 23).

Was mir richtig gut gefallen hat bei den Deizisauern, war, dass alle stark gespielt haben. Bei wem es vorne nicht so lief, der hat hinten seine Aufgabe tadellos erledigt. Rückkehrer Marco Neusser hat dem Spiel nach einer Viertelstunde seinen Stempel aufgedrückt. Kapitän Dennis Prinz hat weniger auffällig gespielt als sonst – okay, ein paar Kabinettstückchen müssen immer sein -, er hat aber viel gerackert und am Kreis Lücken aufgerissen, die etwa der bärenstarke Frieder Gänzle (sieben Tore) immer wieder nutzen konnte.

Und dann war da noch der junge Vincent Hummel, der ja angeblich die Woche über krank war. Superschnell, superagil und manchmal cool wie eine alte Socke – der Kerl macht Spaß.

Starkes Bild, starker Auftritt: Vincent Hummel. Foto: Rudel
Starkes Bild, starker Auftritt: Vincent Hummel. Foto: Rudel

Nun werden die Oftersheimer mit Sicherheit wieder bessere Spiele abliefern, Siege einfahren und am Ende der Saison wohl auch vor den Deizisauern landen. Und die werden auch wieder Lehrgeld zahlen müssen und Spiele verlieren. Aber eines brauchen sie sich nicht mehr nehmen zu lassen: Sie wissen jetzt, dass sie in der Liga mithalten können. Sie wissen allerdings auch, das hat mir Wolz versichert, dass sie dafür jedes Mal so arbeiten müssen wie gestern. Vielleicht sollten die VfB-Jungs mal in der Ertinger-Halle zum Anschauungsunterricht vorbeikommen.

Dass so wenige Zuschauer in der Halle waren, war schade. Aber damit mussten sie in Deizisau ein bisschen rechnen. „Wenn Reichenbach hier gespielt hätte, wäre die Halle voll gewesen“, meinte auch Wolz. In der BWOL fallen eben die Derbys weg. Gestern kam noch dazu, dass Drittligist Neuhausen zeitgleich auch daheim gespielt hat.

Die Neuhausener 19:26-Schlappe gegen Kronau/Östringen II war übrigens eines der wenigen negativen Ergebnisse des Wochenendes aus EZ-Land-Sicht. Okay, Reichenbach und Wolfschlugen im Württembergliga-Top-Spiel in Heiningen haben auch verloren. Aber die Frauen aus Wolfschlugen und beide Teams der HSG Deizisau/Denkendorf haben gewonnen. Bei der HSGDD I ist das ja nicht sooo verwunderlich. Aber dass die HSGDD II, der nach dem Aufstieg in die Württembergliga nicht viele viel zugetraut haben, nach dem ersten Spieltag (hinter Wolfschlugen) auf Platz zwei steht – hat was. Fast was von Paderborn. Aber die Vergleiche zur Fußball-Bundesliga wollen wir jetzt mal nicht überstrapazieren.

So, reicht für heute. Eine gute Woche allen. Im Training, bei der Arbeit oder wo auch immer.


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Eine Antwort auf „Anschauungsunterricht“

  1. Bei dem Spiel in Deizisau muss ich sagen dass ich immer darauf gewartet habe dass irgendwann der kurze Einbruch kommt und das die Gäste „eiskalt“ ausnutzen. Aber das waren tolle 60 Minuten. Es ist auch klar dass es nun nicht so weiter geht und auch wieder schlechtere Spiele und Ergebnisse kommen aber es hat richtig Spaß gemacht. Respekt und weiter so!