Wenn der Wurm reinkriecht

Der neue Team-Trainer Christian Straub, der gar nicht neu beim Team ist. Fotos: Rudel

Es war ein Spiel, das elektrisiert. Die Halle war voll, was in der wenige Zuschauer fassenden in Ruit allerdings nicht so schwer zu erreichen ist. Neben begeisterten Fans inklusive der Ruiter Fußballer war beim Württembergliga-Derby zwischen der HSG Ostfildern und dem TSV Deizisau (39:31) auch Fachpublikum da. Ex-Bundesligaschiri Jürgen Rieber habe ich gesehen. Sowie die Trainer Michael Schwöbel und Volker Pikard. Beide waren bestimmt aus Interesse da, auf den Job bei einem der beiden Teams auf dem Parkett muss man zurzeit nicht spekulieren.

Der langjährige HSG-Coach Schwöbel ist eh gut in Unterensingen versorgt. Und Pikard wird erst einmal eine Pause machen. Damit der Schwenk zum zweiten Derby des Handball-Wochenendes: Verbandsligist Team Esslingen hat nach der Trennung von Pikard nach x Jahren das erste Spiel gegen Laupheim gewonnen, gegen Köngen aber wieder verloren. Es war die sechste Niederlage im achten Saisonspiel. Was für den Dritten der Vorsaison nicht befriedigend ist. Und was zur Trennung von Pikard geführt hat.  

Nicolai Mehlitz war die Verunsicherung beim Team noch am wenigsten anzumerken.

Pikard ist ein Team’ler durch und durch. In den vergangenen Jahren hat er immer mal wieder darüber nachgedacht, ob es Zeit für einen Wechsel ist. Sein Credo aber immer: So lange beide Seiten miteinander zurechtkommen, muss man nichts ändern. Und von Vereinsseite einen Trainerwechsel vorzunehmen, wenn die Mannschaft in einer sehr starken und ausgeglichenen Liga Dritter wird, ist auch schwer zu vermitteln.

Jetzt ist die Mannschaft nicht Dritter, sondern Drittletzter. Für Pikard und das Team sprach, wie sie die Saison angegangen sind. Aus dem Zusammenhang war verständlich, dass sie nicht den Angriff auf die Tabellenspitze ausgerufen haben. Dass es dann so laufen würde, wie es bislang läuft, war aber auch nicht zu erwarten. Daher entbehrt es nicht komplett jeder Logik, dass sich Trainer und Team getrennt haben. Einvernehmlich, wie es so schön heißt. Brechen wird Pikard mit seinem Heimatverein ohnehin nicht. Gegen Laupheim, habe ich mir erzählen lassen, war er sogar in der Halle. Bei der 29:38-Niederlage gegen Köngen habe ich ihn nicht gesehen.

Irgendwann wird Volker Pikard wieder in der Szene auftauchen. Vielleicht an der Seitenlinie einer anderen Mannschaft. Oder wie etwa sein Vorgänger Thomas Freiwald wieder beim Team, wo der die weibliche A-Jugend erfolgreich trainiert.

Der Grund für das Understatement vor Saisonbeginn: Beim Team wussten sie genau, dass in der vergangenen Saison viel gut gelaufen ist und sie viele Spiele knapp gewonnen haben. Und sie wussten genauso, dass sie zwar immer noch gut, weil kadermäßig kaum verändert, waren, dass es aber keine Garantie geben würde, dass es so weiterläuft. Torhüter Tim Boss beschrieb treffend, was dann passierte: „Die Spiele, die wir in der vergangenen Saison knapp gewonnen haben, verlieren wir jetzt knapp.“ Dann kriecht halt auch noch der berühmte Wurm rein. Das Spiel Team gegen Köngen hat auch gezeigt, dass der Unterschied eben nicht bei den Fähigkeiten der einzelnen Akteure oder des Kollektivs liegt, sondern dass es bei der einen Mannschaft zurzeit eben eher läuft und bei der anderen eher nicht.

Rückhalt auch in schwierigen Zeiten: Tim Boss.

Tim Boss sagte das eben nach der Niederlage gegen die Köngener, die das Gegenbeispiel zum Team in der momentanen Situation sind: In der vergangenen Runde schwebten sie in Abstiegsgefahr, weil sie meistens gut gespielt, aber oft knapp verloren hatten. Es ist noch mal gut gegangen und jetzt spiegelt sich so ungefähr das – oder auch ein kleines bisschen mehr – in Ergebnissen wider, was die Mannschaft kann. Momentan Platz fünf mit 10:6 Punkten.

Und das Team? Kann sein, dass die Mannschaft nicht aus der Negativspirale rauskommt. Kann sein, dass sie nach oben durchstartet. Kann sein, dass es irgendwas dazwischen wird. In der Liga geht es so was von eng zu.

Und der Neue? Ich war wie viele etwas überrascht, als die Spielgemeinschaft Christian Straub zunächst als Interims- und dann ganz schnell als Lösung bis zum Saisonende präsentiert hat. Überrascht war ich vielleicht deshalb, weil mir die Interna fehlen. Sie kennen den Mann beim Team und wissen, wie er arbeitet: Seit 2016 ist er aus Untertürkheim kommend bei den Esslingern, hat zunächst die Frauen und dann das zweite Männerteam trainiert.

Bei Hannes Hagelmayer und den Köngenern läuft es deutlich besser als zu dieser Phase der vergangenen Saison.

Klar, ich habe Christian Straub während des Spiels am Freitagabend in der „Schelze“ ein bisschen beobachtet und danach auch mit ihm gesprochen. Er ist ein ähnlich ruhiger Typ wie Volker Pikard. Was ich gut fand: Er war am Spielfeldrand zwar alles andere als ein HB-Männchen (kennt den Ausdruck noch jemand?), hat aber immer wieder einen Spieler zur Seite genommen und ihm etwas erklärt.

Das kann also gut ausgehen beim Team. Zumindest mit einem Mittelfeldplatz in einer höchst attraktiven Liga, wo die Mannschaft ganz gut hinpasst. Wir bei der EZ werden es weiter beobachten.

Das gilt natürlich auch für die anderen Ligen und Mannschaften im EZ-Land. Mit HSG gegen Deizisau bin ich eingestiegen. Zum Thema Ostfildern und die Tabellenführung gleich nach dem Aufstieg und der Frage, die die Szene zu bewegen scheint, ob es nun ein „normaler“, ein „unnormaler“ oder was sonst für ein Aufsteiger ist, werde ich mich hier auch noch beschäftigen. Erst einmal freue ich mich mit euch einfach an einer quicklebendigen Handballszene, die sich mitten in einer spannenden Saison befindet.

Was übrigens auch dazu führt, dass ich vor lauter G‘schäft in der Redaktion nicht mehr so viel zum Schreiben hier am Kreis komme. Aber wenn mir was einfällt und ich Zeit habe – wie jetzt ein gutes Stück nach Feierabend – , dann melde ich mich.