Bristle ist immer da

Das Bild ist schon ein paar Tage alt, aber so sehr hat sich Matthias Bristle nicht verändert - und auf keinem Foto in unserem Archiv liegt er so schön in der Luft. Fotos: Rudel
Das Bild ist schon ein paar Tage alt, aber so sehr hat sich Matthias Bristle nicht verändert – und auf keinem Foto in unserem Archiv liegt er so schön in der Luft. Fotos: Rudel

Jan Geißler ist der Youngster im Team unserer freien Mitarbeiter in der EZ-Sportredaktion. Ein Talent. Also genau der Richtige, um eine Geschichte über den wahrscheinlich ältesten Handballer im EZ-Land zu schreiben. Zumindest, was die höheren Klassen betrifft. Mattias Bristle ist 40 und spielt seit 34 Jahren in Wernau Handball. Am Sonntag geht es im Derby gegen das Team Esslingen.

Als mein junger Kollege einen Termin mit Bristle ausgemacht hat, war der so nett, gleich mal in der Redaktion vorbeizukommen. Im kurzen Gespräch, bevor ich Nachwuchs-Journalist und Handball-Routinier allein gelassen habe, haben wir kurz über den HCW gesprochen, darüber, was da in den vergangenen Jahren so los war. Im Moment sucht der Verein ja wieder einen Trainer. Davon hat Bristle einige erlebt. Die Trainer kamen und gingen. „Der Bristle ist immer da“, sagte er und lachte. Guter Mann. Solche braucht ein Verein.

Zeljko Topic ist der Routinier beim TV Plochingen.
Zeljko Topic ist der Routinier beim TV Plochingen.

Die Geschichte ist morgen in der EZ zu lesen. Ich habe mir derweil mal die Mühe gemacht und in den Kadern geblättert. Nicht von allen Mannschaften im EZ-Land liegen mir die Jahrgänge der Spieler vor. Aber von den meisten. Und siehe da: Matthias Bristle ist Jahrgang 1975. Und dann? 76, 77, 78, 79, 80 – nichts. Der nächste Jahrgang, den ich gefunden habe, war 1981. Und? Wer? Beim TV Plochingen bin ich fündig geworden. Nein, nicht Daniel Brack. Der zählt als Spielertrainer in dieser Kategorie ja nur halb. Und ist außerdem Jahrgang 1982. 81 steht hinter dem Namen Zeljko Topic. Gleicher Jahrgang ist Bristles ehemaliger HCW-Mitspieler Fabian Kehle, jetzt TSV Deizisau.

Fabian Kehle hütet mit viel Erfahrung das Tor des TSV Deizisau.
Fabian Kehle hütet mit viel Erfahrung das Tor des TSV Deizisau.

Beim HCW selbst ist der Älteste nach Bristle Gerd Dengel, Jahrgang 1984 und damit neun Jahre jünger als Bristle. Der Jüngste, Lucas Walter, ist 1994 geboren. Mann, da hatte ich schon fünf Jahre lang das Abi…

Bei fast allen Mannschaften – die Frauen lasse ich höflichkeitshalber mal weg, der Schnitt ist aber deutlich jünger als bei den Männern – sind die Routiniers so Jahrgang 1983 und 1984. Beim TSV Neuhausen etwa Markus Fuchs und Tim Zulauf, bei der HSG Ostfildern Lukas Grundler und Heiko Kuhnhäuser (trotz der Jugendfrisur), beim TV Reichenbach der Bald-HeLi-Trainer Jochen Masching und Senedi Radosic, Wolfschlugens Ältester ist der 1983 geborene Florian Falk. Und alle können’s noch.

Die Jungen aber auch. Die Mischung macht’s. Auch in der EZ. Und deshalb werden wir bestimmt bald auch wieder eine Geschichte machen, bei der nicht der Schreiber, sondern der Beschriebene eine hoffnungsvolle Nachwuchskraft ist.


Neuhausen, die Eigentlich-Mannschaft

Timo Flechsenhar und der TSV Neuhausen haben zurzeit Schieflage. Foto: Rudel
Timo Flechsenhar und der TSV Neuhausen haben zurzeit Schieflage. Foto: Rudel

Ein Spiel als Spiegelbild einer ganzen Saison? Der TSV Neuhausen, das Aushängeschild des Männerhandballs im EZ-Land, hat gestern gegen den SV Salamander Kornwestheim gut gespielt. Phasenweise. Aber das reicht nicht für den Klassenverbleib, so deutlich muss man es wohl sagen. Mit sieben Toren geführt und dann mit vier verloren – so wird das nichts.

Eigentlich müssten die MadDogs gut genug für die 3. Liga sein. Eigentlich hätten sie auch gestern gewinnen müssen. Eigentlich können sie fast jeden Gegner in dieser Liga schlagen. Eigentlich können sie mithalten. Aber sie sind immer noch Zweitletzter, der Abstand zum rettenden Ufer wird größer und die Spiele werden weniger. Neuhausen, die Eigentlich-Mannschaft.

Trainer Alexandr Prasolov drückte es gestern nach dem 24:28 (14:10) so aus: „Ich weiß, was die Spieler können. Aber jeder muss für den Sieg mehr geben und bis zum Ende kämpfen.“ Man schaue sich nur mal die zweite Hälfte an, die mit 18:10 an Kornwestheim ging. Prasolov sagte auch: „Wir müssen mehr machen, wenn wir in der 3. Liga bleiben wollen.“

Schade wäre es auf jeden Fall, wenn die Neuhausener absteigen würden. Denn es gibt auch keine Garantie dafür, dass es dann mit dem direkten Wiederaufstieg klappt, wie es der Mannschaft ja schon einige Male gelungen ist. Und es gibt auch attraktivere Attribute als das der Fahrstuhlmannschaft.

Die unsichere Situation erschwert zusätzlich noch die Planungen. Nun ist ja ein Merkmal der MadDogs, dass sie relativ wenig Fluktuation haben, das heißt, dass die Spieler ihrem Verein treu sind. Aber den einen oder anderen Zugang braucht die Mannschaft auch, zumal es ja doch schon Abgänge gibt. Die Jungen, die es ja durchaus gibt, können es nicht alleine richten. Noch wurde zumindest kein Zugang bekannt gegeben. Kann ja noch kommen.

Gut möglich also, dass es in der kommenden Saison wieder zur Mutter aller EZ-Land-Derbys Neuhausen gegen Deizisau kommt. Und auch, dass die Neuhausener dann nach Wolfschlugen reisen. Am Aufstieg der Wolfschlugener in die BWOL gibt es kaum einen Zweifel, obwohl die Mannschaft zum zweiten Mal in Folge nicht gewonnen hat. Der Niederlage im Derby und Spitzenspiel gegen Plochingen folgte gestern ein 23:23 im nächsten Derby gegen die Remis-Meister aus Reichenbach. Und das, obwohl der TVR einige personelle Probleme hatte. So schlimm, dass Trainer Daniel Hebisch auflaufen musste, war es dann aber wohl doch nicht. Schade eigentlich.

Und noch ein Derby gab’s, diesmal mit dem erwarteten Ausgang – auch wenn es zumindest vom Ergebnis her knapp war: In der Frauen-BWOL gewann die HSG Deizisau/Denkendorf gegen den HC Wernau mit 32:31. Wie man hört, wurde das bei der HSGDD ausgiebig und vor allem lang gefeiert.


Daniel, der Libero

Früher im roten Trikot des TSV Neuhausen, am Sonntag vielleicht im blauen des TV Reichenbach: Daniel Hebisch. Foto: Rudel
Früher im roten Trikot des TSV Neuhausen, am Sonntag vielleicht im blauen des TV Reichenbach: Daniel Hebisch. Foto: Rudel

Wer ein seltenes Ereignis erleben möchte, sollte am Sonntag (17 Uhr) nach Wolfschlugen gehen. Da erwartet der Württembergliga-Spitzenreiter TSV Wolfschlugen das (untere) Mittelfeldteam TV Reichenbach zum Derby. Das Besondere daran ist, dass sich an der Seitenlinie Lars Schwend und Daniel Hebisch gegenüberstehen, die einstmals beim TSV Neuhausen zusammengespielt haben.

Es könnte aber noch besonderer werden. Morgen ist es in der EZ (Seite 20) zu lesen: Die Wolfschlugener sind mehrfach im Vorteil. Sie sind als Tabellenführer der klare Favorit, haben Heimrecht und können personell aus dem Vollen schöpfen. Die Reichenbacher sind Zehnter, treten auswärts an und haben große personelle Probleme. Und so könnte das eintreten, was Hebisch schon länger befürchtet hat – der Neu-Trainer ist als Spieler gefordert, um den wenigen verbliebenen Spielern mal ’ne Pause zu geben.

Daniel Hebischs Rückkehr auf das Spielfeld, das hätte doch was. Ich bin dann nur mal gespannt, auf welcher Position er aufläuft. In seiner aktiven Zeit war er Außenspieler. Routiniers zieht es erfahrungsgemäß allerdings immer mehr in die Mitte, wie man etwa bei Tine Gall vom HC Wernau sieht. Bei den Fußballern war es ja früher immer so, dass die Spielertrainer meistens als Libero gespielt haben, auch wenn sie gelernte Stürmer waren. Aber Libero gibt’s im Handball nicht. Und im Fußball im Übrigen auch nicht mehr.

„Wir werden das Beste aus dieser Situation machen“, wird Hebisch morgen in der EZ zitiert. Ob mit ihm oder ohne ihn auf dem Spielfeld. Allen Kranken und Verletzten in Reichenbach auf diesem Wege gute Besserung. Und allen anderen ein schönes (Handball-) Wochenende. Derbys gibt’s ja noch mehr.


Aus vier mach eins?

Links die Sieger, rechts die Verlierer - es war ein packendes Derby in Plochingen. Fotos: Rudel
Links die Sieger, rechts die Verlierer – es war ein packendes Derby in Plochingen. Fotos: Rudel

„Der Ausgang des Spiels hatte noch etwas Gutes: Dem TSV Wolfschlugen ist die Meisterschaft trotz dieser Niederlage kaum noch zu nehmen, der TV Plochingen wahrte die Chance auf den zweiten Platz und das damit verbundene Relegationsspiel gegen den Zweitplatzierten der Nordstaffel“. So beschrieb mein Kollege Andreas Müller in der gestrigen EZ-Ausgabe die Lage nach dem Württembergliga-Spitzenspiel und –Derby, das der TVP mit 31:29 gewann und das ihn mit 800 Zuschauern begeistert hat.

Es muss wirklich ein klasse Spiel gewesen sein und zeigt die Attraktivität der Sportart. Und das wäre doch was: Deizisau schafft den Klassenverbleib in der BWOL, woran keinerlei Zweifel besteht, und Wolfschlugen sowie Plochingen gehen hoch. Dann wäre fast schon die BWOL die neue EZ-Land-Liga.

Auch dieses Bild sieht nach Derby aus.
Auch dieses Bild sieht nach Derby aus.

Denn das ist eine andere Erkenntnis des vergangenen Wochenendes: Für die HSG Ostfildern wird es immer schwerer, den Klassenverbleib in der Württembergliga zu schaffen. Steigen die Wolfschlugener und der TVP auf und die HSG ab, dann bliebe aus dem EZ-Land nur noch der TV Reichenbach übrig. Okay, als Derbys gelten ja auch noch die Spiele gegen Unterensingen (dann mit Trainer Steffen Rost) und Zizishausen (Holger Breitenbacher). Und außerdem ist es ja noch nicht so weit.

In der Landesliga sieht es für die EZ-Land-Clubs nicht rosig aus. Aus verschiedenen Gründen. Das Team Esslingen, das mit dem neuen Trainer Vasile Oprea durchstarten wollte, muss das nach dem 21:29 beim direkten Konkurrenten TV Bartenbach möglicherweise in der Bezirksliga tun. Und dort gleich mal auf den anderen Esslinger Durchstarter SG Hegensberg/Liebersbronn treffen.

Abschied in Raten: Markus Ilitsch ist nicht mehr Trainer des HC Wernau.
Abschied in Raten: Markus Ilitsch ist nicht mehr Trainer des HC Wernau.

Und der HC Wernau? Trainer Markus Ilitsch hat, nachdem er zuvor schon seinen Ausstieg zum Saisonende bekannt gegeben hatte, sofort hingeschmissen. Er wirft der Vereinsführung vor, sie habe ihm in seine Arbeit hereingeredet – und die Vereinsführung ist überrascht. Wie es weitergeht, soll bald entschieden werden.

Ich will zu dem Thema gar nicht so viel schreiben, da ich bei dem, was passiert ist, nicht dabei war. Ich wünsche dem HCW nur, dass er sich wieder berappelt – und auch für die Männer so eine Trainerlösung findet wie mit Robert Schenker bei den Frauen, der, wie ich gehört habe, ein Guter sein muss.

Ich komme übrigens erst heute zum Schreiben, weil gestern wegen dem ganzen VfB-Doping-Gedöns überhaupt keine Zeit war. Heute früh – wirklich früh – durfte ich schon Zeitung in der Schule am THG machen (Klasse 9e, hat Spaß gemacht!) und gleich geht’s zu einem Termin mit VfB-Sportvorstand Robin Dutt. Viel los, nicht nur im Handball.


Treue Routiniers

Die dynamische Florence Koutny wirft auch in der kommenden Saison Tore für die HSGDD - wen wundert's? Fotos: Rudel
Die dynamische Florence Koutny wirft auch in der kommenden Saison Tore für die HSGDD – wen wundert’s? Fotos: Rudel

Am Ende rief noch Abteilungsleiter Joachim Steimle vom abstiegsbedrohten Landesligisten Team Esslingen an und verkündete den Zugang von Marco Adelt vom TSV Deizisau für die kommende Saison. Beim Team haben sie ja nach der Verpflichtung von Trainer Vasile Oprea viel vor – Klassenverbleib erstmal vorausgesetzt.

Ansonsten war in dieser Woche bei den Frauen-Teams im EZ-Land einiges los. Zunächst mal hat Württembergligist TSV Wolfschlugen einen Nachfolger für den am Saisonende nach einem Jahr schon wieder scheidenden Trainer Torsten Findeis gefunden: Rouven Korreik kommt von der SG Schorndorf. Wahrscheinlich übernimmt er das Team weiter als Württembergligist, mit dem Aufstieg sieht es ja nicht mehr so gut aus.

Auch Torhüterin Alexandra Brändle geht aus Wolfschlugen weg, sie wechselt eins höher in die BWOL zur HSG Deizisau/Denkendorf. Bei der HSG tut sich einiges. Trainer Veit Wager hat ja schon zugesagt, aber Sina Stumpp versucht es beim wahrscheinlich zukünftigen Drittligisten SC Korb, Meike Fritz hört auf, Bianca Ionita geht zur Polizei nach Bruchsal und Minnette Flaig wird in Bremen Schiffsbau studieren. Interessante Berufe haben sie da bei der HSGDD.

Eigentlich wollte ja auch Urgestein Florence Koutny in den Handball-Ruhestand gehen und an Jüngere übergeben. Dabei ist sie gerade mal 29. Aber wie das mit „eigentlich“ eben so ist: Wenn man so zu einem Verein gehört, dann kann noch so viel Arbeit, elterliche Gastronomie, Freund und Freunde sein – dann bleibt man. Zumal Flo, wie sie mir erzählt hat, gehofft hatte, dass Sina Stumpp ihren Part im Team übernimmt. Tut sie aber nicht.

„Wenn man so lange dabei ist, dann will man nicht zuschauen, wie es den Bach runter geht“, sagt Koutny – hat dann aber doch gleich eingeschränkt, dass das Team in der nächsten Runde schon ganz ordentlich sein wird. Jochen Luik, der Spielleiter, hat auch schon angekündigt, dass es das mit Zugängen noch nicht war und baut zudem darauf, dass sich die jetzigen Spielerinnen so weiterentwickelt haben, „dass wir auf jeden Fall kein schlechteres Team haben werden“.

Koutny will zumindest im Training etwas kürzer treten, bleibt sonst aber – wie wir sie kennen – mit vollem Engagement dabei. „Wer kann schon bei seinem Heimatverein vor der Haustür BWOL spielen?“, fragt sie. Immerhin hat sie bei zwei Aufstiegen ihren Teil dazu beigetragen. Sie weiß aber auch: „Es ist nicht einfach in diesem Umfeld, Spielerinnen zu bekommen, die für den Spaß spielen.“ Mit Geld können sie bei der HSGDD nicht um sich werfen.

Es könnte um die HSG bald einsam werden, wenn Wolfschlugen nicht auf- und gleichzeitig Wernau absteigt. Dann gäbe es im EZ-Land zwar weniger Konkurrenz um Spielerinnen, die BWOL spielen wollen. Aber so recht wäre das Flo dann auch nicht. „Ich fahre lieber zum Derby nach Wernau als nach Steißlingen“, sagt sie. Da geht es morgen hin.

Die dynamische Christine Gall wirft auch in der kommenden Saison Tore für den HCW - wen wundert's?
Die dynamische Christine Gall wirft auch in der kommenden Saison Tore für den HCW – wen wundert’s?

So richtig gut sieht es für die Wernauerinnen aber nicht aus. Sie sind Drittletzter und vier Teams steigen ab. Mit etwas Glück nur drei. Um sicherzugehen, müssen sie zwei Konkurrenten überholen, vor ihnen liegen mit jeweils drei Pluspunkten mehr Lahr und Ottersweier – auch nicht gerade Leichtgewichte. Malsch eins davor ist schon fast nicht mehr einzuholen.

Aber auch die Wernauerinnen lassen sich den Optimismus nicht nehmen. Ich hatte heute Routinier Tine Gall am Telefon – und die strahlt mit ihrer Art ja immer Zuversicht aus. Immerhin hat der neue Trainer Robert Schenker unabhängig von der Ligazugehörigkeit für die kommende Runde zugesagt. Mit den Spielerinnen laufen die Gespräche. Gall jedenfalls hat angedeutet, zu bleiben, „wenn ich verletzungsfrei bleibe“. Sie hat gerade einen Kreuzbandriss hinter sich und findet sich selbst „noch ziemlich langsam“. Aber das wird. „Ich bin nach Wernau gegangen, um hier etwas mit aufzubauen“, sagt sie. „Und wenn wir absteigen, dann will ich wieder aufsteigen.“ So was will man hören.

Schönes Handball-Wochenende allen. In Plochingen findet am Sonntag ja das Württembergliga-Spitzenspiel gegen Wolfschlugen statt. Da geht mein Kollege hin. Ich sehe morgen mal wieder Wasserball – und freu mich schon drauf. Handball im Wasser sozusagen.


Neuhausen ist nicht Köln

Frey-Flug: Philipp Freys Tore sind für die MadDogs wichtig. Foto: Rudel
Frey-Flug: Philipp Freys Tore sind für die MadDogs wichtig. Foto: Rudel

Der TSV Neuhausen ist nicht der VfB Stuttgart. Und der TSV Neuhausen ist nicht der 1. FC Köln. Wie ich zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis komme? Die Maddogs stecken wie die VfB-Fußballer im Tabellenkeller, haben am Wochenende aber durch einen Sieg gegen ein Mittelfeldteam Mut gefasst. Und Neuhausen ist wie Köln eine Fasnet- beziehungsweise Karneval-Hochburg, die Neuhausener Handballer können im Gegensatz zum FC aber nach den verrückten Tagen gewinnen. Die fünfte Jahreszeit ist vorbei, was man auch daran merkt, dass in der Vorschau in der Samstag-Ausgabe nicht mehr steht, dass einem Team Spieler „wegen Verletzung und Fasching“ fehlen.

„Nach der Fasnet gewinnen wir immer“, sagte Neuhausens Torhüter Hans Herrmann jedenfalls nach dem 23:20 gegen die HSG Konstanz. Nur noch ein Punkt ist ein Nicht-Abstiegsplatz entfernt, das müsste doch zu machen sein. Zumal Philipp Frey wieder dabei ist. Wie wichtig der Flügelflitzer ist, merkt man erst, wenn er fehlt. Ich habe ja hier kürzlich über Spieler geschrieben, die den Unterschied machen können – Frey ist so einer. Zehn Tore hat er gegen Konstanz geworfen. Davon zwar sechs Siebenmeter, aber die muss man ja auch erst mal reinmachen, vor allem in engen Spielsituationen.

Also, die MadDogs sind wieder dabei. Jetzt sollten sie aber nachlegen. Am Samstag geht es nach Horkheim. Der TSB steht in der Tabelle zwar hinter Konstanz, aber ist immer ein schwerer Gegner. Und die Neuhausener haben in dieser Saison auch erst ein Mal zwei Spiele in Folge gewonnen. Wobei das bei einem Kellterteam nicht viel bedeuten muss.

Dass zwei drunter in der Württembergliga Spitzenreiter TSV Wolfschlugen das Derby gegen den TSV Zizishauen gewonnen hat, ruft ebenso wenig übermäßiges Staunen hervor wie die Niederlage der Reichenbacher in Blaustein. Aber auch hier hat eine Mannschaft Mut geschöpft: Der Vorletzte HSG Ostfildern hat das Kellerduell gegen die SG Ober-/Unterhausen (mit dem zukünftigen Zizishausen-Trainer Holger Breitenbacher) gewonnen. Der Drittletzte Ober-/Unterhausen hat jetzt nur noch zwei Punkte mehr als die HSG. Der Sieg war sowas von wichtig – um selbst an die Rettung zu glauben, und um den Gegner nicht enteilen zu lassen. Denn für das Noch-Breitenbacher-Team wird es auch eng.

In diesem Zusammenhang ist es manchmal interessant zu schauen, wie es die andere Seite sieht. Die geschätzten Kollegen vom Reutlinger General-Anzeiger haben bei dem Spiel natürlich Ober-/Unterhausen und nicht Ostfildern im Blick. Unter der Überschrift „Seelenlos im Kellerduell“ ist in der heutigen Ausgabe die Rede davon, dass die SG „von einem Mitabstiegskandidaten vorgeführt“ worden sei. Da immer zwei Teams in der Halle stehen, haben die Ostfilderner wohl einiges richtig gemacht. Jetzt geht es zum Zehnten nach Gerhausen. Und in Plochingen steigt am kommenden Sonntag das Spitzenspiel gegen Wolfschlugen.


„Wurfgewalt aus dem Rückraum“

Ich darf euch heute eine Geschichte über Neuhausens Timo Flechsenhar mit obiger Überschrift ans Herz legen. Geschrieben von unserer MadDogs-Expertin Steffi Gauch-Dörre. EZ, Seite 17!

Foto: Rudel
Foto: Rudel


Faschingsferien auch hier – wenn auch nicht bei mir…
Feiert schön, bis nächste Woche!


Balsam-Spiele

Starkes Bild, starkes Spiel: Deizisaus Marcel Killat wirft auf das Willstätter Tor. Foto: Rudel
Starkes Bild, starkes Spiel: Deizisaus Marcel Killat wirft auf das Willstätter Tor. Foto: Rudel

Was für ein gutes Wochenende für die Handballer im EZ-Land – vor allem für die, die Punkte und Erfolgserlebnisse wirklich gebrauchen können gab es einige Balsam-Spiele. Exemplarisch für andere steht heute in der EZ (Seite 23) über dem Text vom 30:27-Sieg des Team Esslingen gegen die SG Kuchen/Gingen „Wir können es noch“.

Der Esslinger Landesligist hat den ersten Sieg unter dem neuen Trainer Vasile Oprea eingefahren, und ich bin mir sicher, dass sich sein Vorgänger Thomas Freiwald auch sehr darüber freut. Das Team ist weiterhin Vorletzter, aber das wird schon.

Gleiches gilt für die HSG Ostfildern eine Klasse drüber. „Land in Sicht“ hat Co-Trainer Matthias Wichary nach dem 29:26 beim SC Vöhringen ausgerufen – und unsere Mitarbeiterin hat natürlich gleich die Überschrift draus gemacht (Seite 22).

Zu toppen ist das nur durch das, was meine Kollegin Steffi Gauch-Dörre über ihren Text zum 33:22-Kantersieg des TSV Deizisau in der BWOL gegen den TV Willstätt geschrieben hat: „Unfassbar gut“. Also das muss wirklich richtig klasse gewesen sein, denn bei uns in der Redaktion gilt die Regel, dass man mit Superlativen oder sonst besonders ausdrucksstarken Vokabeln vorsichtig umgehen soll. Denn wann man eine ordentliche Vorstellung als Weltklasse bezeichnet, was will man dann noch schreiben, wenn es wirklich Weltklasse ist? Okay, ich habe in der heutigen EZ auch von Weltklasse geschrieben, allerdings betraf das einen gewissen Herrn Alaba in einer anderen Sportart. Und das war Weltklasse. Andere Geschichte.

Für die Deizisauer freut es mich jedenfalls, weil sie nach bislang richtig guter Saison eine kleine Durststrecke zu durchlaufen hatten. Gefreut habe ich mich gestern auch für den Württembergligisten TV Reichenbach. Was macht man, wenn man drei Mal in Folge gegen ein Team, das hinter einem steht, nur ein Unentschieden geholt hat? Man schlägt eine Mannschaft, die vor einem steht. Das 29:28 gegen HV RW Laupheim tut den TVR-Spielern auch deshalb gut, weil das Spiel auch mit einem 29:29 hätte enden und sie sich darüber nicht hätten beklagen können. Die Erleichterung war entsprechend groß.

Nur beim Drittligisten TSV Neuhausen hat es mal wieder nicht geklappt mit einem überraschenden Punktgewinn. Und auch die MadDogs sind Vorletzter und damit in Abstiegsgefahr. Der Realitätssinn der Neuhausener aber gibt Anlass zur Hoffnung. Torhüter Hans Hermann, der nach Auswärtsspielen immer bei uns anruft, jedenfalls drückte sich nach dem 25:29 in Nußloch klar aus. „Die einzelnen Fehler, die wir gemacht habe, zeugen eher von einem Rückschritt“, hat er gesagt. Trotzdem blickt er positiv in die Zukunft und zwar aus einem einfachen Grund: Jetzt ist Fasnet. „Und danach kommt Neuhausen immer gestärkt zurück.“ Na dann los.


Kollektiv und Individualisten

Marco Neusser ist für den TSV Deizisau ein Gewinn. Foto: Rudel
Marco Neusser ist für den TSV Deizisau ein Gewinn. Foto: Rudel

Heute auf Seite 17 der EZ steht meine Geschichte über Marco Neusser vom TSV Deizisau. Wir machen das ja generell gerne, etwas weg von der 1:0-Berichterstattung, Personal-Geschichten interessieren immer. Und es macht auch Spaß, sie zu schreiben.

Am vergangenen Sonntag konnte Neusser die Niederlage des BWOL-Aufsteigers in Schwetzingen nicht verhindern. Er hat kein Tor erzielt, wobei das auch nicht zu seinen Hauptaufgaben zählt. Trotzdem habe ich das Hinspiel gegen die HG Oftersheim/Schwetzingen als Einstieg für die Geschichte gewählt. Denn damals hat Neusser, obwohl es nach über einem Jahr Pause erst wieder sein zweites Spiel war, den Unterschied gemacht.

„XY macht den Unterschied“. Das ist eine Überschrift, die auch in der EZ immer mal wieder zu lesen ist. Bei verschiedenen Sportarten. Aber geht das heute überhaupt noch so? In einer Zeit, in der das Kollektiv immer wichtiger wird, in der Taktiktreue immer entscheidender wird, in der Fitness genauso wichtig ist wie Talent und Können. Oder anders ausgedrückt: In der Talent und Können die Grundvoraussetzungen sind, ein Spieler ohne Fitness aber durchs Raster fällt.

Im Handball ist es vielleicht nicht ganz so extrem wie im Fußball, aber auch hier haben Tempo und Athletik in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Man muss sich nur mal Spiele von früher anschauen. Oder die Statur der Spieler. Am deutlichsten ist es bei den Kreisläufern: Früher waren das die Wendigen, heute sind es die Brecher. Auch Marco Neusser, der ja nicht gerade ein Hüne ist, hat in dem spielfreien Jahr viel Zeit im Kraftraum verbracht hat. Das kommt ihm heute zugute.

Wie ist das nun mit dem Kollektiv und den Individualisten? Sagen wir mal so: Ein nicht funktionierendes Kollektiv kann nicht gewinnen, aber am Ende ist es immer noch so, dass ein guter Einzelspieler für die entscheidende Aktion sorgen kann. Dass muss nicht immer ein Leistungsträger sein, sondern auch mal einer, der an diesem Tag über sich hinaus wächst. Aber die Wahrscheinlichkeit ist natürlich größer, dass es ein starker Typ ist. Bei Neussers Deizisauern etwa Dennis Prinz oder Frieder Gänzle, bei den Neuhausenern Timo Flechsenhar, bei den Plochingern natürlich Daniel Brack oder bei den Wolfschlugenern Florian Falk.

Marco Neusser ist da eher der Typ, der vielleicht nicht für das entscheidende Tor sorgt, sondern der dem Spiel in einer entscheidenden Phase eine andere Richtung geben kann. Auch die sind wichtig. Die Idealvorstellung ist natürlich ein funktionierendes Kollektiv mit überragenden Einzelkönnern – der Traum jedes Trainers.