Der Handball ist wieder voll da und vor allem die Verbandsliga zeigt, dass sie zurecht als Derby- oder EZ-Land-Liga bezeichnet wird. Und, dass sie voller Spannung steckt. Der frühe Blick auf die Tabelle bringt Überraschungen – positive wie negative.
Oben sieht es jedenfalls gut aus. Das Team Esslingen ist mit 4:0 Punkten schon mal Tabellenführer, die HSG Ostfildern mit 4:2 Zählern Zweiter. Die knappe Niederlage in Donzdorf tat dem selbst ernannten Titelfavoriten weh, zeigt aber auch, dass der Weg an die Spitze ein steiniger ist und dass eben dieser Gegner als möglicher Stolperstein erwartet worden war. Immerhin: Den einen Top-Gegner Wangen hat die HSG geschlagen und jetzt war es beim 24:25 auch knapp und ein bisschen unglücklich.
Die Ostfilderner jedenfalls erfüllen bisher insgesamt die Erwartungen. Offensichtlich auch, was ihre Spielweise betrifft. Für die SG Hegensberg/Liebersbronn und den TV Reichenbach gilt das teilweise. Erstes Spiel gut, zweites schlecht heißt es bei den Reichenbachern, bei der SG genau umgekehrt. Ich war am Samstag beim Derby in der Halle an der Römerstraße. Und ich hätte wie wohl alle Zuschauer ein deutlich engeres Spiel erwartet. Die Reichenbacher waren chancenlos und mit dem 25:30 gut bedient.
Solche Spiele gibt es, in die man einfach nicht reinkommt. Die Floskel vom „gebrauchten Tag“ fällt einem da ein. Beim TVR werden sie das schnell abhaken und ich bin mir sicher, dass die Mannschaft von Trainer Volker Haiser eine gute Runde spielen wird. Bei Hegensberg/Liebersbronn glaube ich das auch, zumindest angesichts dessen, was ich am Samstag gesehen habe. Die Mannschaft hatte für mich im Vorfeld den größten Unsicherheitsfaktor. Was auch ein bisschen davon befeuert wurde, dass Trainer Olaf Steinke mächtig auf Understatement gemacht hat. Andererseits hatte Ostfilderns Coach Marco Gassmann die SG als – neben Wangen und WinzWiDo – größten Konkurrenten im Aufstiegsrennen bezeichnet.
Natürlich war auch das eine Momentaufnahme. Aber ich habe, und das ist nicht übertrieben, seit Jahren kein so gutes Spiel der Mannen vom Berg gesehen. Vor allem keines, in dem sie so frisch im Kopf aufgetreten sind. Das macht eine Menge. Die Jungs hatten richtig Spaß. Henning Richter etwa habe ich schon lange nicht mehr so befreit aufspielen sehen. Und damit so stark. Und von wegen das Zusammenspiel mit Zugang Marcel Planitz braucht noch. Das sah schon richtig gut aus und mit der Rückraumachse Richter-Planitz-Sokele hat die Mannschaft eine, vor der wohl noch viele Trainer warnen werden, wenn sie vor einem Spiel nach den Stärken der SG gefragt werden.
Und dann ist da hinten noch der neue Torwart Dominik Wolf. Viele hatten sich gefragt, wie das wohl werden soll ohne Tobias Funk, der nach Altbach gewechselt ist. Alles gut, Wolf war gegen Reichenbach richtig klasse. Und der Kerl ist erst 19, hab ich mir sagen lassen. Auch da muss man Schwankungen einrechnen, aber Talent hat er eine ganze Menge. Und man merkt auch schon, dass es von Coach Steinke ein guter Move war, Alin Illi als Torwarttrainer zu holen. Die beiden kennen sich aus gemeinsamen Deizisauer Zeiten, Illi steht dort immer noch zwischen den Pfosten. Während des Spiels hat er von der Bank aus ständig mit Wolf kommuniziert und der hat aufmerksam zugehört – wenn er nicht mal eben einen Ball halten musste.
Die Stimmung in der Halle war prächtig – wenn man nicht zu genau in die Gesichter der Reichenbacher Fans geschaut hat. „Wie in alten Zeiten“ habe ich als Überschrift für meinen Text gewählt (für die gedruckte EZ, online war es eine andere). Damit meinte ich die Stärke der SG-Mannschaft. Aber auch die Atmosphäre auf den Rängen. Da muss man sich erst Mal wieder dran gewöhnen: Viele Menschen, lautstarke Kommentare. Dazu in der warmen Halle die heiße Luft unter der Maske. Aber: An die Sache mit Einlasskontrolle und Hygieneregeln hat man sich gewöhnt, das läuft. Und macht Mut, dass wir wieder eine komplette Saison erleben.
Also HeLi könnte in dieser Saison noch richtig Spaß machen. Wozu es reicht, ist aber immer noch schwer einzuschätzen. Sorgenkinder sind dagegen bislang der TSV Denkendorf und der TSV Köngen. Die Denkendorfer haben nach dem Derby-Auftaktsieg gegen Köngen zwei Mal verloren. Offensichtlich ist die Fehlerquote einfach zu hoch – eine Menge Arbeit also für Trainer Ralf Wagner.
Das kann man über Denkendorfs Coach Alen Dimitrijevic auch sagen. Da ist richtig der Wurm drin. Alle haben sich auf die Derbys in der Liga gefreut. Die Köngener haben schon zwei hinter sich. Genau genommen sogar drei, wenn man Kirchheim dazurechnet. Alle drei haben sie verloren, nach dem 33:37 in Denkendorf gegen das Team sogar nur mit 24:25. Und dann gab es in Kirchheim ein böses 25:33. Und – ja, ich verwende das Wort ausgerechnet – jetzt kommt am Freitag Hegensberg/Liebersbronn in die Burgschulhalle. Aber, gerade die Derbys sind immer für Überraschungen gut. Oder wer hätte gedacht, dass das am Samstag an der Römerstraße so eine klare Sache werden würde.