TVP – es wird nicht leichter

Nein, der Schiedsrichter ist ganz sicher nicht schuld am schlechten Plochinger Saisonstart – das weiß auch Ex-Trainer Michael Schwöbel. Foto: Rudel.

Vorab: Wenn ihr euch gewundert habt, dass ich hier zwei Wochen lang nichts geschrieben habe, obwohl sich das Rad im EZ-Handball-Land sowas von gedreht hat – auch ein Sportredakteur hat mal Urlaub. Aber ich habe natürlich mitverfolgt, was so passiert ist und den Rest nachgelesen. Vor allem, was mein Kollege Andreas Pflüger in der vergangenen Woche verfasst hat, war interessant: Der TV Plochingen hat einen neuen Trainer.

Beim Blick auf die Ergebnisse wundert es vielleicht nicht, dass sich der TVP von Michael Schwöbel getrennt hat. Es haben angesichts von 2:12 Punkten die berühmten Mechanismen des Geschäfts gegriffen. Wenn man aber bedenkt, dass die Plochinger nicht gerade als Chaosclub bekannt sind, wundert es schon ein bisschen mehr, zumal es menschlich zwischen den Verantwortlichen und Schwöbel offensichtlich gepasst hat.

War der Schritt richtig? Das ist nicht leicht zu beantworten. Schaut man nur auf das Spiel gegen den TV Willstätt, bei dem durch ein heftiges 26:39 die nächsten zwei Minuspunkte dazukamen, wohl erst mal nicht. Aber das wäre viel zu einfach und schon zu sagen, dass es Christian Hörner, der Neue, nicht reißt, ist auch viel zu früh. Der Mann hatte erst zwei Einheiten mit der Mannschaft und hat wohl erst in diesem Spiel gesehen, was alles zu tun ist. Aber 26:39 im ersten Spiel nach dem Wechsel ist schon ein Brett.

So stellen die Plochinger Christian Hörner vor. Foto: TV Plochingen

Auch das Startprogramm der Liga ist nicht Schwöbel anzulasten. Es war hammerschwer und dadurch war klar, dass die Mannschaft gleich mal die eine oder andere Niederlage einfahren würde. Aber: Es war auch noch kein Sieg dabei, nicht im Derby bei Aufsteiger TSV Neuhausen und auch nicht gegen den TSV Blaustein. Es gab jeweils ein Unentschieden und das war zu wenig, vor allem gegen Blaustein.

Es geht beim TVP ohne Schwöbel weiter – besser: ohne die Schwöbels, denn Marc ist mit seinem Bruder gegangen. Es muss aber dennoch festgehalten werden: Diejenigen, die vermutet hatten, dass Michael Schwöbel nur HSG Ostfildern und schon gar nicht 3. Liga kann, haben nicht recht behalten.

Erinnern wir uns daran: Als klar war, dass Schwöbel Daniel Brack beerben würde, war noch nicht abzusehen, dass er die Mannschaft in der 3. Liga übernehmen würde. Der Aufstieg kam ziemlich überraschend. Dann kamen zwei Corona-Spielzeiten, in denen es nicht einfach war. In denen Schwöbel aber seine Qualitäten gezeigt hat und auch, dass er sich in die Liga fuchsen kann. Natürlich musste auch er lernen. Das haben ihm die Verantwortlichen des Vereins zugestanden und das war auch nicht das Problem.

Was war es dann? Zu sagen, Michael Schwöbel sei zu ruhig oder zu nett, greift zu kurz. Seine Art kannte man, es macht auch aus seiner Sicht keinen Sinn sich zu verstellen und lange ist der Verein damit auch gut gefahren. Es war klar, dass der Kader an der Grenze des Drittliganiveaus ist, mehr ist für einen Verein wie den TV Plochingen auch nicht drin. Vor allem, wenn er weiterhin seriös wirtschaften will. Dazu kommt, dass es nach dem Abgang von Christos Erifopoulos – trotz seiner Jugend – und Routinier Dominik Eisele wenig Spieler mit Leaderpotenzial in der Mannschaft gibt.

Breiter, aber schwächer in der Spitze ist der Kader nach der Selbsteinschätzung des Vereins im Vergleich zur vergangenen Saison. Das kann man nun bestätigen, aber die Spitze vor allem in Person von Erifopoulos fehlt eben doch schmerzlicher als gedacht.

Die Kooperation mit Bundesligist Frisch Auf Göppingen ist Hilfe und Belastung zugleich. Es kommt dadurch spielerische Qualität in die Mannschaft, aber von den Jungen wie Oskar Neudeck kann man nicht erwarten, dass sie die Kohlen aus dem Feuer holen. Neudeck kommt gerade übrigens bei der Jugend-Nationalmannschaft auf andere Gedanken. Gleichzeitig wissen sie in Plochingen, dass sie Drittligist bleiben müssen, sonst ist die Kooperation weg. Das erhöht den Druck, und das in einer Saison, in der die Abstiegsregelung brutal ist. Auch das Umfeld, so vergleichsweise harmonisch es in Plochingen sein mag, erwartet eher, dass sich die Mannschaft in der 3. Liga etabliert.

Christian Hörner einzuschätzen, ist (noch) schwierig. Ihm eilt ein guter Ruf voraus. Den Beobachtungen meines Kollegen Pflüger zufolge ist auch er nicht der ganz emotionale Coach am Spielfeldrand. Das würde auf Dauer auch nicht helfen, der Typ Feuerwehrmann funktioniert im Handball noch weniger als im Fußball. Mit Sachverstand an die Geschichte zu gehen ist angebracht, andererseits fehlt mit jeder Niederlage mehr Zeit, die Wende zu schaffen und die nötigen Punkte zu holen. Es wartet viel Arbeit auf Hörner.

Schwer wird es auf jeden Fall für die Plochinger, den Klassenverbleib zu schaffen. Noch schwerer, als viele, inklusive mir, vor der der Saison erwartet haben. Immerhin: Der Modus bringt so etwas wie die Chance eines partiellen Neustarts in der Abstiegsrunde.

Zurück zur Frage nach der Richtigkeit des Trainerwechsels: Sie kann wohl erst in einigen Wochen beantwortet werden. Aber selbst Michael Schwöbel hat – auch wenn er die nächsten Spiele gerne noch gehabt hätte – mit einem gewissen Verständnis reagiert.