Ein richtiges Handballspiel

Darauf haben die Plochinger Handballer lange gewartet – los geht’s! Fotos: Paesler

Ein Hallensprecher in seinem gläsernen Kabuff, drei Funktionäre des HBW Balingen-Weilstetten und zwei des TV Plochingen auf der einen Tribünenseite. Fünf Trommler, die Leute, die den Livestream produzierten und die Journalisten des Zollern-Alb-Kuriers, des Schwarzwälder Boten sowie der Eßlinger Zeitung auf der anderen. Hinter dem Tor zwei Fotografen. Das waren die Menschen, die den Drittligahandballern des HBW II und des TVP am Samstagabend zugeschaut haben.

Auswärtsfahrt…

Es war nach den Wasserballern des SSV Esslingen vor drei Wochen das erste Spiel einer Mannschaft aus dem EZ-Land seit dem Beginn der zweiten Lockdown-Phase Anfang November. Und das erste einer Handball-Mannschaft. Grund genug, die vorgezogene Am-Kreis-Sommerpause kurz zu unterbrechen.

Natürlich fehlte die Atmosphäre eines Ligaspiels vor vollen Rängen. Und das war es ja auch nicht – nicht nur aufgrund der fehlenden Zuschauer. Es ging „nur“ um den Ligapokal, nachdem die reguläre Spielzeit längst abgebrochen wurde. Aber es war ein richtiges Handballspiel. Und für alle Beteiligten war es etwas Besonderes. Für die, die nach mehr als fünf Monaten Pause wieder spielen – und für die, die zuschauen durften.

Gruß an die Fans – am Bildschirm.

Ich gehöre zu der großen Mehrheit der Menschen in unserem Lande, die die Maßnahmen der Politik im Grundsatz richtig finden und die auch der Meinung sind, dass der Sport bei allen negativen Folgen – vor allem für die Kinder – im Moment nicht das Wichtigste ist. Schon gar nicht der privilegierte Leistungssport. Das sehen auch die Sportler so, die da am Samstag zum Auftakt des Ligapokals in der Balinger Sparkassen-Arena Tore warfen. Zumindest die, mit denen ich gesprochen habe – für die anderen glaube ich es auch. Aber darf man deshalb nicht zugeben, dass es Spaß gemacht hat?

Erste Hälfte.

Es hat Spaß gemacht. Ich hatte in den vergangenen Monaten wenig Mühe, Themen für die Lokalsportseiten der EZ zu finden. Aber für die Samstagausgabe habe ich zum ersten Mal seit langer Zeit gleich zwei Vorschauen geschrieben. Und am Samstagabend in Balingen habe ich mich bemüht, meine Rolle als Multiplikator gut auszufüllen. Ihr dürft nicht rein – also ist es gut, dass ich für euch berichten kann.

Erste Auszeit beim Stand von 4:8 – aus Plochinger Sicht.

Der Stress, wenige Minuten nach dem Spielende den ersten Online-First-Bericht auf www.esslinger-zeitung.de zu bringen – dafür macht man das. Es ist das, was man einen guten Stress nennt. Und eine ganze aktuelle Seite Lokalsport in der Montagausgabe hab ich auch schon lange nicht mehr produziert. Das letzte Mal war Mitte November des vergangenen Jahres nach den deutschen Nachwuchs-Turnmeisterschaften in Berkheim. Diesmal Plochinger Handball, Wasserball-Bundesliga mit dem SSV Esslingen und ein paar Meldungen. Ein mal Erfolgserlebnis, ein mal Enttäuschung.

Natürlich hab ich schon hochklassigere Handballspiele gesehen. Aber die Wettkampfatmosphäre hat sich auf dem Spielfeld schon irgendwann eingestellt, obwohl sich die Balinger als zweite Mannschaft eines Bundesligisten gar nicht für den DHB-Pokal qualifizieren dürfen. Und für die Plochinger ist es nicht das Wichtigste. Hauptsache spielen. Obwohl ein Satz, den ich im Vorfeld häufiger gehört habe, der war: „Wenn wir auf dem Spielfeld stehen, wollen wir auch gewinnen.“ Und spannend war es ja auch.

Zweite Hälfte.

Die Plochinger haben gewonnen. Interessanterweise mit 30:29 und damit exakt demselben Ergebnis, mit dem sie im vergangenen Herbst auch in die reguläre Saison gestartet sind. Und das auch in Balingen. HBW-Trainer André Doster fand es nicht so witzig, TVP-Coach Michael Schwöbel schon.

Man könnte jetzt die Fehler in der Abwehr und vor allem im Angriff analysieren. Das darf und wird Michael Schwöbel bestimmt tun, ich brauche das im Moment nicht. Bei mir bleiben vor allem die positiven Dinge hängen: Wie die jungen Spieler und dabei vor allem Maximilian Hejny aufgedreht haben. Wie sich die Plochinger nach langem Rückstand zurückgekämpft haben. Dass sie immer mal wieder etwas versucht haben. Wie sie sichtlich Spaß hatten. Und wie sie nach dem Spiel das Gefühl genossen haben, das man nur nach einem Spiel hat. Nach einem Sieg dazu.

Geschafft! Der erste Sieg seit 167 Tagen.

Und wie sie sich gleichzeitig darüber bewusst sind, dass die Austragung eines Handballspiels in diesen Tagen alles andere als selbstverständlich ist. Und dass dies den allermeisten Sportlern bis auf weiteres verwehrt bleibt.

Schön war’s.

Auch ich habe es genossen. Mehr davon. Gleich am Samstag. Um 19 Uhr erwarten die Plochinger die HSG Leutershausen zum zweiten Ligapokalspiel. Nachdem die SSVE-Wasserballer entgegen ihrer eigenen Vorstellungen am Wochenende ja erneut in Hannover antreten mussten, wird es das erste Pflichtspiel des Jahres einer Mannschaft im EZ-Land sein. Ich werde mich wieder bemühen, meine Rolle als Multiplikator so gut es geht auszufüllen.