Eine Wiederholung wäre am gerechtesten

Aleksa Djokic trifft nicht, aber das „Tor“ zählt. Fotos: Rudel

Hier mein Kommentar zum Plochinger Phantom-Tor (ausführlicher Text auf www.esslinger-zeitung.de vom 30. Januar):

Es war ein Doppelfehler mit Folgen. Welche Folgen das unberechtigt gegebene Tor von Aleksa Djokic zum zwischenzeitlichen 14:13 des TV Plochingen im BWOL-Spitzenspiel gegen die TGS Pforzheim haben wird, ist allerdings noch nicht klar. Weil noch nicht sicher ist, ob die geschädigte Partei, also die Pforzheimer, einen endgültigen Einspruch einlegen wird und wenn ja, wie darüber entschieden wird.

Klar ist, dass Djokics Wurf am Außennetz landete und nicht im Tor. Das haben – fast – alle Beobachter so gesehen und das ist auch auf den Videobildern zweifelsfrei zu erkennen. Klar ist, dass der erste Fehler beim Kampfgericht lag, das das Tor auf die Anzeigetafel stellte. Klar ist auch, dass die Schiedsrichter Marcus Enßle und Holger Krieg den Treffer nicht zurücknehmen ließen, obwohl sie ihn nicht gepfiffen hatten. Das war zweifellos der größere der beiden Fehler. Und er ist schwer nachvollziehbar. Dass ein Tor fälschlicherweise auf der Anzeigetafel erscheint, kommt hin und wieder vor. Doch normalerweise wird das schnell korrigiert.

Ab da wird es unklar: In der Haut der Unparteiischen, die ihren Fauxpas vermutlich längst erkannt haben, will keiner stecken, aber auch nicht in der der Pforzheimer und Plochinger Handballer sowie ihrer Verantwortlichen. Alles wäre halb so wild gewesen, wenn es ein deutliches Endergebnis gegeben hätte – so deutlich, dass niemand danach hätte fragen müssen, ob „Tor oder nicht Tor“ kurz vor der Halbzeit einen Einfluss auf den weiteren Spielverlauf hatte. Aber das Spiel endete 29:29. Und niemand kann sagen, ob es anders gelaufen wäre, wenn Djokics Nicht-Treffer zurückgenommen worden wäre.

Die Zuschauer sehen ein packendes Spiel – Gesprächsstoff liefert aber fast nur eine Szene.

Zunächst einmal müssen die Pforzheimer nachdenken. Wenn sie Einspruch einlegen – der erste, formale wurde korrekterweise im Spielprotokoll eingetragen –, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass sie einen Sieg zugesprochen bekommen. Viel eher würde es eine Ablehnung oder eine Wiederholung des Spiels geben, wodurch die Möglichkeit besteht, dass sie nach einer Neuaustragung mit einem Punkt weniger dastehen als mit dem Remis vom Samstagabend.

Die Plochingen wiederum müssen sich diese Gedanken machen: Was, wenn es beim Unentschieden bleibt und dieser eine Zähler genau der ist, der am Ende der Saison den angestrebten Wiederaufstieg in die 3. Liga bedeutet. Gut würde sich das nicht anfühlen. Wobei jetzt schon festgehalten werden kann, dass sich die Plochinger fair verhalten und ebenfalls schon während der Begegnung darauf hingewiesen haben, dass der Ball nicht im Tor war. Das haben auch die Pforzheimer anerkannt.

Erinnerungen werden wach an eine Situation vor knapp einem Jahr in Konstanz in der 3. Liga: Der VfL Pfullingen hatte in der letzten Sekunde das Tor zum 34:34-Ausgleich erzielt. Das Kampfgericht – im Gegensatz zur BWOL ein unabhängiges – hatte jedoch entschieden, dass der Treffer von Paul Prinz nach dem Ablauf der Spielzeit gefallen sei. Die Schiedsrichter stimmten dem zu. Bei 34:34 wären die Pfullinger für die Aufstiegsspiele zur 2. Bundesliga qualifiziert gewesen, bei 33:34, wie das Spiel gewertet wurde, nicht.  Die Pfullinger legten Einspruch ein. Dieser wurde abgelehnt mit der Begründung, das Videomaterial, das eindeutig zeigte, das das Tor korrekt war, würde nicht als Beweismittel anerkannt. Der Pfullinger Aufstiegstraum war ausgeträumt.

Auch im Fall Plochingen sind die Videobilder eindeutig. Der Unterschied aber: Sollten sie auch hier bei einer möglichen Verhandlung nicht berücksichtigt werden, könnten die Plochinger in einer möglichen Befragung erneut Fairplay zeigen und erklären, der Treffer sei keiner gewesen. In Konstanz damals war der Fehler für die Live-Beobachtung viel schwerer zu erkennen.

Es ist offen, wie die Sache ausgeht. Die Gedanken, die sich die Pforzheimer machen, sind berechtigt. Das ungute Gefühl der Plochinger, so wenig sie für die Situation können, ist es auch.

Das 29:29 war leistungsgerecht, wie mein Kollege Dominic Berner als Augenzeuge berichtet. Und vielleicht wäre es auch so ausgegangen, wenn alles korrekt verlaufen wäre. Aber betrachtet man den gesamten Vorgang, wäre eine Wiederholung des Spiels am gerechtesten – an dessen Ende ein Sieg der einen oder der anderen Mannschaft oder ein Unentschieden steht, was dann seinen entsprechenden Einfluss auf den Kampf um den Aufstieg hat.