Ein Abend in Neuhausen –
so täuscht man sich

So jubeln Derbysieger. Fotos: Paesler

So, Sonntagabend, ein langer Arbeitstag liegt hinter mir. Aber ich muss hier noch ein bisschen was loswerden. In der vergangenen Woche bin ich ja nicht so zum Schreiben gekommen. Drei Tage lang habe ich bei der EZ mit Kollegen eine Relaunch-Nullnummer produziert – was das ist, lest ihr morgen in der Zeitung – und zwei Tage habe ich bei meinem Sportjournalismus-Seminar referiert.

Es hätte Themen gegeben, etwa das Comeback von Rolf Brack bei Frisch Auf Göppingen. Der Scharnhausener ist irgendwie wieder da, wo er hingehört. Gestern Abend aber bin ich dann – mit dem Fahrrad – nach Neuhausen gefahren. Nach Neuhausen/Erms. Dort habe ich mir das Drittliga-Derby Neuhausen gegen Neuhausen angeschaut. Absteiger Neuhausen/Erms gegen Aufsteiger Neuhausen/Filder.

Von vorne: Die MadDogs beim Aufwärmen.

Es war ein Spiel, das sie auf beiden Seiten nicht so schnell vergessen werden. Vor allem nicht auf den Fildern. Es gehört auch mit Sicherheit zu den interessantesten Handballspielen, die ich gesehen habe. Und das waren einige. Ich habe gestern Abend gleich noch eine Online-First-Version für www.esslinger-zeitung.de geschrieben, die gut gelesen wurde. Als ich heute in der Redaktion meinen Text für die Zeitung geschrieben habe, ist mir in meinem Block diese Notiz aufgefallen: „Zu früh keine Frage, wer das Ding gewinnt.“ Da stand es, so entnehme ich es meinen Aufschrieben, 18:13 für Neuhausen/Erms. Kurz danach fiel das 19:13. Das Ding schien gegessen. So täuscht man sich.

Gemütlich: Die Presseplätze in der Hofbühlhalle.

Denn dann hat Neuhausen/Filder noch gewonnen. 26:24. (Mit den Begrifflichkeiten hatten wir gestern unter den Kollegen übrigens auch unsere Schwierigkeiten – „Neuhausen macht das hinten gut“ – „Neuhausen?“ – „Äh, Filder“). Einen Sieg des Willens hab ich es genannt. Einen Sieg des Glaubens der Filder-Handballer an ihre Stärke. Und dafür war auch Trainer Ralf Bader verantwortlich. Also auch ein Sieg des Trainers. An seiner langjährigen Wirkungsstätte.

Spielbeginn. Neuhausen/Filder in Ballbesitz.

Die Tore haben die Jungs auf dem Spielfeld geworfen. Und die des Gegners verhindert. Aber Ralf Bader hat sie super eingestellt. Und hat ihnen vor allem den Glauben gegeben, dass sie auch so ein Spiel bei einem Favoriten umbiegen können. Das haben sie ja nicht zum ersten Mal geschafft. Und es wird ihnen auch nicht immer gelingen. Aber das gestern war schon ganz stark.

Tor!

In der Mannschaft der MadDogs steckt viel. (noch so ein Sprachspiel: Sechsfach-Torschütze Philipp Keppeler sprach von Underdogs…). Im Trainer steckt auch viel. Den Mann drängt es in die Bundesliga. Irgendwann wird er das auch schaffen. Vielleicht an der Stelle, wo jetzt Rolf Brack sitzt. Womit die Klammer geschlossen wäre.

Mit viel Bewegungsunschärfe: Die MadDogs bejubeln den Derbysieg.

Noch eine Anmerkung: Die Schiedsrichteransetzung war gestern sehr unglücklich. Die Fahrtkosten hielten sich in Grenzen. Aber wenn man den Deizisauer Frank Kraaz mit seinem Bruchsaler Partner Tobias Lay da hinschickt, macht man es allen schwer. Die beiden haben es gut gemacht, hatten ein paar Fehlentscheidungen, haben meiner Meinung nach ein paar Mal zu selten Stürmerfoul gegeben. Aber alles sehr im Rahmen. Man hat mit dieser Entscheidung vor allem ihnen selbst ein Problem bereitet, denn sie konnten es fast nicht richtig machen. Ich hatte ein bisschen den Eindruck, dass sie sich nicht getraut haben, zu sehr für das Neuhausen von den Fildern zu pfeifen. Insgesamt aber: Respekt und Hut ab, auch für die Schiedsrichter. Und, nochmal, war ein klasse Handballabend.

Und ich mach jetzt wirklich Feierabend.