Diese Woche ist mir wieder eine interessante Meldung auf den Tisch geflattert. Gudmundur Gudmundsson, der künftige dänische National- und Noch-Trainer der Rhein-Neckar Löwen, hat den Kollegen vom „Mannheimer Morgen“ ein Interview gegeben. Darin macht er sich Gedanken über das Regelwerk. Seine Forderung: Eine eindeutige Festlegung für das Zeitspiel. „Wie lang darf ein Angriff im Handball dauern? Keiner weiß das“, fragt er. „Vielleicht sollte man auch im Handball eine klare Regelung einführen, sonst wird es immer wieder Diskussionen geben.“ Dabei denkt der Isländer etwa an den Basketball, wo die Angriffszeit auf 24 Sekunden beschränkt ist. Beim Wasserball (30 Sekunden) gibt es diese Regel auch, was hier allerdings ein Nachteil für schwächere Mannschaft ist, weil die Zeit schlicht nicht für alle reicht, um nach vorne zu schwimmen und den Angriff abzuschließen. „Alle wissen das. Die Schiedsrichter, die Spieler, die Trainer, die Zuschauer. Das ist eine gute Lösung“, findet jedenfalls Gudmundsson.
Interessanter Gedanke, wenn auch nicht neu. Mir ist ein Gespräch mit Ex-Bundestrainer und Möchte-Gern-Chefreformator Vlado Stenzel vor drei Jahren beim Esslinger Marktplatzturnier in lebhafter Erinnerung. Stenzel hat eine ganze Reihe von Ideen, mit dem Argument, dass Handball in seiner jetzigen Form nur in wenigen Ländern Interesse fände. Während Gudmundsson von einer „merkwürdigen Regel“ spricht, nannte Stenzel das mit dem Zeitspiel damals schon „die blödeste Regel überhaupt“. Allerdings plädierte er gleich ganz für die Abschaffung, ebenso wie beim „Mist mit den Zweiminutenstrafen“. Klare Worte. Die in der Grundaussage münden: „Die Schiedsrichter entscheiden das Spiel, nicht die Sportler.“ Naja.
Die Idee mit der Angriffszeit hat was, allerdings fällt es mir schwer, ein abschließendes Urteil zu fällen. Tatsächlich gehört Handball zu den Sportarten, bei denen der Ermessensspielraum oder die Subjektivität der Wahrnehmung der Schiedsrichter am größten ist. Foul des Abwehrspielers oder Stürmerfoul? Bei einem EZ-Pokal hatten wir mal schwedische Schiedsrichter, die viel mehr als die hiesigen Stürmerfoul gepfiffen haben. Hat mir nicht schlecht gefallen und die Spieler haben sich schnell drauf eingestellt.
Hier gilt das gleiche wie beim Zeitspiel: Mit guten Schiedsrichtern wird es da keine Probleme geben. Sie handhaben das ausgeglichen und gerecht, damit berechenbar und heben nicht dann die Hand – oder dann gerade nicht –, wenn die Zuschauer am lautesten schreien. Andererseits klappt es beim Basketball ja auch, beim Wasserball käme (trotz der genannten Schwierigkeiten) ohne begrenzte Angriffszeit gar kein Spielfluss zustande. Beim Handball geht es da viel schneller zu, der Zug zum Tor ist automatisch größer. Manchen Schiris und Mannschaften würden klarere Regeln aber vielleicht helfen.
Ich hatte eben Axel Haenchen, den Sportdirektor der Esslinger Bundesliga-Wasserballer, am Rohr. Er findet die Zeitregel in seinem Sport gut. „Dadurch wird das Spiel schneller und die angreifende Mannschaft wird gezwungen, einen Abschluss zu machen“, sagt er – und würde das auch den Handballern raten: „Ich würde es ihnen empfehlen, denn im Handball geht es sehr subjektiv zu. Das würde auch den Schiedsrichtern helfen.“
Vielleicht sollte man es einfach mal ausprobieren. Die Gerätschaften könnte man ja von den Basketballern oder Wasserballern ausleihen. Da wäre ich gerne dabei. Hat jemand ne Meinung? Wieder was jedenfalls, was ich Jürgen Rieber mal fragen kann.
Nach dem Spätdienst morgen Abend mach ich ne Woche Urlaub – sogar mit den Wochenenden, das ist bei mir sehr selten. Das Wetter soll ja ganz okay werden. Ab dem 4. November oder so haue ich dann wieder in die Tasten. Ich hab meinen Kollegen in der EZ-Sportredaktion allerdings noch eine größere Handball-Geschichte überlassen, die aus gegebenem Anlass voraussichtlich am kommenden Samstag – also 2. November – erscheinen wird. Sie handelt von zwei Menschen, die nächste Woche berufsbedingt auch frei haben, die aber noch viel, viel mehr verbindet. Alles klar? Spannende Spiele allen.