Ich habe eben mit Frieder Gänzle telefoniert. Er ist einer von vielen Menschen, denen gerade ihr Sport fehlt. Aber die wissen, dass es zurzeit Wichtigeres gibt. Der Verbandsliga-Spieler des TSV Köngen ist mit aller Kraft damit beschäftigt, die Firma F. Zimmermann aus Neuhausen durch die Corona-Krise zu lotsen. Der Betrieb hat 180 Mitarbeiter, stellt Fräsmaschinen her. Und Gänzle ist ihr geschäftsführender Gesellschafter.
Den Text über Frieder Gänzle lest ihr vermutlich kommende Woche in der EZ. Wir haben nämlich unsere Serie „Sportler in der Warteschleife“ aus dem Frühjahr wiederbelebt. Damals wie heute porträtieren wir Sportler und erzählen ihre Geschichte, wie sie mit der Pause im Sport umgehen – und wie sich die Corona-Krise auf ihr sonstiges Leben auswirkt. Spannende Texte waren das damals und sind es auch jetzt wieder.
Es macht Spaß, die Porträts zu recherchieren und zu schreiben. Zum Auftakt von „Warteschleife, die Zweite“, hatte ich ja vor einer Woche Trainer Stefan Eidt vom TSV Deizisau. Aber genauso gerne würde ich darüber berichten, was ein Trainer nach dem Spiel sagt. Und Porträts schreiben, die nichts mit einer Krise zu tun haben.
Als ich am 1. November bei der Drittliga-Begegnung der Nellinger Frauen mit Metzingen II in der Sporthalle 1 war (die bald einen Nachfolger bekommt), hatte ich noch Hoffnung, dass es nicht das letzte Handballspiel des Jahres im EZ-Land sein würde. Aber die 3. Liga ist mittlerweile bis Jahresende abgesagt. Für die Spiele auf HVW-Ebene ist noch keine Entscheidung gefallen. Das will der Verband wie angekündigt erst auf seinem Verbandstag am 28. November machen, wie mir Präsident Hans Artschwager gestern noch mal bestätigt hat. Aber ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass wir im Dezember Spiele sehen werden.
Selbst wenn Sportveranstaltungen wieder erlaubt wären, haben die Teams von der BWOL abwärts – im Gegensatz zu den hiesigen Drittligisten – bis kurz davor nicht trainiert. Wenn sie das im Dezember wieder dürfen, macht es Sinn, im Januar wieder anzufangen. Bleibt es beim Trainingsverbot, verschiebt sich alles weiter. Und die Verbände müssen sich weiter Gedanken darüber machen, welche Szenarien für die Durchführung einer Saison Sinn machen.
Ich finde zum Beispiel die Idee aus der 3. Liga charmant, eine einfache Runde mit anschließenden Playoffs zu spielen. Aber erst einmal muss es Licht am Ende des Coronatunnels und die Aussicht auf Spiele geben. Das betrifft alle Sportarten.
Für uns in der Sportredaktion heißt es wie im Frühjahr und Sommer: Wir müssen produzieren ohne die Grundlage der Berichterstattung: Sportereignisse. Die Themen gehen uns trotzdem nicht aus. Zurzeit füllen wir täglich eine halbe Seite mit Lokalsport, manchmal auch mehr. Wie euch aufgefallen sein wird, leider oft nicht am angestammten Platz im Seitenverlauf. Aber auch Zeitungsmacher müssen in diesen Zeiten improvisieren und wir versuchen immer, unser Thema auf der Titelseite anzukündigen (mit Seitenzahl). Und wie das Wetter wird, wissen die Lokalsportleser dann auch gleich…
Ich habe trotz Sportpause viele, viele Themen im Kopf, die ich gemeinsam mit meiner Kollegin Karla Schairer abarbeiten und aufbereiten werde. Und manchmal kommen ja auch Neuigkeiten auf den Schreibtisch, vor allem aus den Verbandszentralen. Auf eine Weise kommt mir diese Art der Arbeit entgegen: Ich predige schon seit vielen Jahren den Abschied vom so genannten Termin-Journalismus – oder im Sport 1:0-Journalismus. Spielberichte und vor allem Vorschauen kleiner, dafür mehr Hintergründe, Analysen und Porträts. Ihr kennt das als EZ-Leser. Ich bin fest davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist. Zurzeit geht es nicht anders.
Aber die Spiele in der Halle fehlen schon. Oder auf dem Sportplatz. Und so manche Idee zu einer Geschichte ist ja erst beim Eindruck dessen entstanden, was man da auf dem Spielfeld gesehen hat. Zurzeit aber befinden sich die Sportler in der Warteschleife. Frieder Gänzle wird nicht der letzte Handballer gewesen sein, über den ich in dieser Rubrik schreibe. Bleibt gesund!