Das hätte ich mir im Januar 2011 nicht vorstellen können: Den Blog „Am Kreis“ gibt es jetzt schon zehn Jahre lang. Wie viele Texte ich geschrieben habe, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Aber es waren viele. Mir hat es Spaß gemacht und macht es immer noch. Erlaubt mir, ein bisschen Bilanz zu ziehen.
Wie alles begann
Das kommt davon, wenn man sich in Arbeitsgruppen engagiert. In der Online-Gruppe der EZ-Redaktion machte die damalige Online-Chefin Nicole Rabus einen Vorschlag: „Wir sollten nochmal einen Blog haben.“ Damals gab es nur den – allerdings sehr beliebten – „Falken-Blog“ auf esslinger.zeitung.de. Und was sagt der Paesler? „Wir haben hier eine super Handball-Szene, darüber könnte ich einen Blog schreiben.“ Widerspruch gibt es natürlich selten, wenn sich jemand freiwillig meldet. Das war irgendwann im Herbst 2010. Und so ging es mit „Am Kreis“ im Januar 2011 los, der EZ-Pokal wurde als perfekter Start-Anlass auserkoren. Die erste Überschrift eines Blog-Beitrages lautete entsprechend: „Wer gewinnt den EZ-Pokal?“ Es gewann dann übrigens der HC Wernau durch einen 14:12-Finalsieg gegen den TSV Deizisau.
Und dann?
Zunächst gab es täglich einen Text mit persönlichen Einschätzungen zum Geschehen in der Neckarsporthalle. Das war nach einem langen EZ-Pokal-Tag mit aktueller Berichterstattung für die gedruckte Zeitung und online anspruchsvoll – und ein Vorbote für die Zukunft. Vorbote, denn in der langen Zeit danach habe ich (während die Saison lief) ein bis zwei Mal in der Woche im Blog geschrieben, alles ebenfalls neben dem normalen Redaktionsalltag. Oft noch am Montagabend.
„Am Kreis“ und der EZ-Pokal
Die Überschrift „Wer gewinnt den EZ-Pokal?“ wurde jedes Jahr wiederholt – nur nicht im Januar 2021, weil das Turnier zum ersten Mal in seiner 27-jährigen Geschichte abgesagt wurde – beziehungsweise verschoben. Denn auch wenn die Chancen sinken, haben wir uns gemeinsam mit dem diesjährigen Ausrichter TSV Denkendorf immer noch offen gehalten, vor einem möglichen Re-Start der Saison einen Mini-EZ-Pokal zu spielen. Während des Turniers wurde die Zahl der Texte im Blog in den vergangenen Jahren jedoch reduziert. Angesichts des immer weiter ausgebauten Programms der Online-Kollegen, vor allem der jungen und technisch fitten, mit Live-Ticker, Videos und Bildergalerien wäre das „auf die Miste gedünkt“, wie der Schwabe sagt. Es waren nach dem Turnier aber immer einige Geschichten in meinem Block, die in den Tagen und Wochen danach abgearbeitet wurden – in der gedruckten EZ und im Blog. Die Facebook-Seite aber, auf der der Blog und andere Handballthemen in der EZ gepostet werden, heißt nicht umsonst immer noch „EZ-Handballpokal“ – einmal im Jahr wird sie natürlich für das Turnier verwendet.
Das Layout
„Am Kreis“ ist technisch ein ganz normaler WordPress-Blog, der von meinen Kollegen in der Technik gebastelt wurde. WordPress bietet optisch viel mehr Möglichkeiten als die, die ich nutze. Aber dafür fehlen die Zeit und das Knowhow. Im Gegensatz zu hauptberuflichen Bloggern mache ich das neben meiner täglichen Arbeit in der Redaktion. Der Text steht im Mittelpunkt und dazu gibt es ein paar Fotos – fertig. Zwei Mal wurde der Blog dennoch relaunched. Einmal innerhalb von ein paar Stunden, weil das System völlig zusammengebrochen und alles kaputt war – inklusive aller Texte. Die meisten davon sind zwar wieder da, trotzdem musste alles neu gemacht werden. Beim zweiten Mal wurde vor allem der Kopf ein bisschen aufgefrischt – und ich hatte mittlerweile einen Bart, weshalb es auch ein neues Foto gebraucht hat.
Die Reaktionen
Positiv. Allerallermeistens. Vor allem Montags während der Saison gingen die Klickzahlen schon rauf, noch bevor ich geschrieben hatte. Allerallermeistens habe ich dann auch noch was geschrieben. Nach einem Text über eine Trainertrennung gab es eine verbale Schlammschlacht mit so vielen Kommentaren, die ich nicht freigeben konnte, dass ich mich mit meinen Online-Kollegen entschieden habe, eine Registrierschranke einzubauen. Seither ist die Zahl der Kommentare deutlich zurückgegangen oder hat sich auf Facebook verlagert. Das entspricht gleichzeitig dem Zeitgeist, denn die Kommentierfreudigkeit im Netz hat in den vergangenen Jahren insgesamt abgenommen. Einmal haben mich Reaktionen auch persönlich getroffen. Insgesamt wurde ich auch in den Hallen oft von Handballfans angesprochen, die mir gesagt haben, dass sie den Blog regelmäßig und gerne lesen. Das motiviert natürlich.
Wiederkehrende Elemente
Gleich im September 2011 habe ich meine erste Saisonprognose geschrieben, zu allen Teams von der Landesliga aufwärts. Manchmal lag ich daneben, oft richtig. Die Leser haben mir Recht gegeben oder auch nicht. Und auch sie lagen damit manchmal daneben und oft richtig. Ein schöner kleiner Wettstreit. Die Rubrik „Was macht eigentlich?“ schreibe ich viel zu selten. Auch das ist eine Frage der Zeit. Aber sie macht Spaß. Ich habe sogar schon Mails mit Listen zugeschickt bekommen, welche Namen ich abarbeiten könnte. Mit Ogu Nwagbara ging es im Januar 2014 los, Heiko Fleisch, Simon Wohlrabe, Florian Beck und andere folgten. Auch Marion Radonic, doch dazu später mehr.
2012 habe ich die Leser gebeten, die Mannschaft des Jahres zu wählen – es gewann etwas überraschend der TV Nellingen II. Danach habe ich mich entschieden, nach dem Trainer der Saison zu fragen. Das war ein tolle Geschichte und viele von euch haben mitgewählt – Danke dafür! Auch hier gab es immer mal wieder einen Überraschungssieger. Interessante Trainer haben gewonnen, etwa Lars Schwend, Daniel Mayr, das Duo Daniel Brack/Alexis Gula, Michael Schwöbel (noch in Ostfildern) und zuletzt Steffen Irmer-Giffoni. Dieses Jahr wird es etwas schwierig mit der Suche nach Kandidaten – wie mit allem. Mal sehen.
Die Highligts
Davon gab es viele. Es ist immer schön, wenn ich merke, dass jemandem ein Text gefällt. Die Wahl zum Trainer der Saison ist natürlich immer ein Highlight. Schön ist es auch, wenn aus einem Text im Blog eine Geschichte für die gedruckte Zeitung entsteht. Zwei von einigen Beispielen fallen mir dazu vor allem ein, eines davon ging sogar noch darüber hinaus: Im Herbst 2018 habe ich in einem Text meine Eindrücke geschildert, wie teilweise mit Schiedsrichtern in den Hallen umgesprungen wird. Die Reaktionen haben mich überwältigt. Es war Kritik dabei, aber viel mehr Zuspruch. Darüber hat meine Kollegin Karla Schairer einen Text für die EZ geschrieben und ich habe das Thema nochmal im Blog aufgenommen.
So habe ich mich entschieden, dazu aufzurufen, an einem Wochenende das Geschimpfe bleiben zu lassen. Dazu habe ich Prominente, Sportler, Funktionäre und Leser gebeten, sich für eine Sonderseite mit Aufrufen zu beteiligen. Unser Mediengestalter Thomas Schwab hat ein Logo dazu entwickelt. Nachdem der TV Reichenbach nach Rücksprache ein Plakat davon produzieren ließ und in der Brühlhalle aufgehängt hat, haben wir von der EZ die Idee aufgenommen, Michael Abele hat noch viel mehr Plakate gedruckt – die heute in vielen Hallen in der Region hängen. Klar, ein paar Wochen später wurde geschimpft wie vorher, aber cool war die Aktion trotzdem. Und vielleicht wirft – wenn wieder gespielt wird – ja mal ein Zuschauer einen Blick auf das Plakat, bevor er losbruddelt.
Das zweite Beispiel: Beim EZ-Pokal 2019 habe ich mit Marion Radonic gesprochen und einen Text über ihre Schwierigkeiten geschrieben, trotz unbestrittener Kompetenz als Trainerin im Männerbereich anerkannt zu werden. Die Frau hat was zu sagen, und ich habe es geschrieben. Und siehe da, plötzlich bekam sie Angebote – als Cheftrainerin im Männerbereich. Als sie beim SKV Unterensingen unterschrieben hatte, habe ich ein ausführliches Interview für die gedruckte EZ mit ihr gemacht.
Wie geht es weiter?
Wegen Corona habe ich noch nie so wenig Texte im Blog geschrieben wie 2020, nämlich nur 23. Klar, oft ging es eben um Corona – das Thema des Jahres, auch im Sport. Ich hoffe, dass es bald besser wird. Ein allgemeiner Trend geht dahin, dass Blogs an Bedeutung verlieren und Podcasts wichtiger werden. Ehrlich gesagt fange ich damit trotz meiner Radio-Vergangenheit nicht an, sondern schreibe – spätestens, sobald wieder Handball gespielt wird – weiter „Am Kreis“. So lange ihr Interesse daran habt. Mir macht es auch nach zehn Jahren noch Spaß. Und übrigens: Einen Podcast („EZ Talk„) gibt es mittlerweile auch bei esslinger-zeitung.de.