Hand und Kopf

Deizisaus Marco Neusser kämpft sich gegen die Wangener Defensive durch. Fotos: Rudel
Deizisaus Marco Neusser kämpft sich gegen die Wangener Defensive durch. Fotos: Rudel

Vorab: Mein Aufruf am Freitag, doch eure Meinung zur Aufstiegsfrage in der Württembergliga kundzutun, hat jetzt nicht so eigeschlagen. Naja, das bestätigt ein bisschen das, was man über die Branche so liest: Das Mitmachen und die Kommentierwut im weltweiten Netz haben nachgelassen, das ist offensichtlich auch bei den Am-Kreis-Handballblog-Konsumenten nicht anders. Is halt so, ich werd mich mit ähnlichen Fragen zurückhalten – und erst wieder nach eurer Meinung fragen, wenn es an die Wahl des Trainers des Jahres geht. Das kam ja immer ziemlich gut an.

Deizisaus Frieder Gänzle (Mitte) kommt gegen Wangen auf vier Tore, hat es aber auch nicht immer leicht.
Deizisaus Frieder Gänzle (Mitte) kommt gegen Wangen auf vier Tore, hat es aber auch nicht immer leicht.

So, jetzt aber zu meinen Eindrücken vom Handball-Wochenende. Ich war gestern in Deizisau und habe eine ordentliche Leistung einer Mannschaft gesehen, die am Ende aber verloren hat. Selbst den Deizisauern haben die jungen Wangener leid getan. Mit 27:26 hat Deizisau gewonnen – ich weiß nicht, ob meine Überschrift heute in der EZ (Seite 23) zu hart ist, aber es war meiner Meinung nach „unverdient“. Das haben auch meine Gesprächspartner auf Deizisauer Seite so gesehen.

ABER: Deizisau ist in der BWOL Aufsteiger, hat jetzt 12:10 Punkte – und wenn man auch so ein schwaches Spiel gegen einen Abstiegskandidaten gewinnt, dann bleibt man drin. Insgesamt ist das eine bärenstarke Runde, die die Deizisauer bislang spielen.

Beim TSV Neuhausen in der 3. Liga lief es am Samstag gerade anders herum: Die MadDogs – ebenfalls Aufsteiger, aber als Vorletzter deutlich schlechter gestartet als die Deizisauer – waren in Hochdorf Außenseiter, haben sich beim 32:32 aber einen Punkt erkämpft. Ihren fünften.

Das Ganze zeigt mal wieder: Dieser Sport wird mit der Hand gespielt, viel passiert aber im Kopf. Dafür sind gerade die Neuhausener und die Deizisauer beste Beispiele. Der passendste Satz zu dem Thema kam gestern von Deizisaus Trainer Mike Wolz: „Da kannst du als Trainer so viel warnen, wie du willst.“ Was er damit meint: Gegen das Kellerteam Wangen waren die Deizisauer schwach, gegen das Spitzenteam Pfullingen haben sie super gespielt und gewonnen. Und die Neuhausener? Auch sie sind oft gegen die Schlechten schlecht und gegen die Guten gut. Ich hab ja das Spiel gegen Rödelsee gesehen, das sie mit einer superstarken Leistung gewonnen haben. Auch der Punkt in Hochdorf war ja nicht zu erwarten. Aber gegen die Teams, die eigentlich auf Augenhöhe sein müssten, tun sie sich schwer.

Aber warum ist das so? Diese Frage wird die Sportpsychologen wohl noch ewig beschäftigen. Ich hab mich hier ja schonmal als ziemlich talentfrei geoutet, was den Handball betrifft, aber in einem anderen (auch sehr schönen) Sport war ich auch mal ganz gut. Ist lange her. Daher kenne ich das auch. Ich erinnere mich gut: Vor vielen Jahren, ich war gerade 18, wurde ich bei den württembergischen Badminton-Meisterschaften der A-Jugend mal Fünfter und habe bei dem Turnier zwei Auswahlspieler ausgeschaltet, gegen die ich zuvor immer gut ausgesehen, aber knapp verloren hatte – vier Tage später habe ich dann bei einem Jugend-Trainiert-für-Olympia-Schulturnier fast gegen einen Kraftprotz verloren, der noch nie in einem Verein gegen einen Federball geschlagen hat. So was merkt man sich.

Also hat Wolz schon recht: Die Einstellung spielt eine große Rolle, auch wenn man gerade als Aufsteiger eigentlich noch mehr wissen müsste, dass man in jedem Spiel alles geben muss. Sowohl die Neuhausener gegen Rödelsee als auch ein paar Wochen davor die Deizisauer gegen Pfullingen oder Oftersheim/Schwetzingen haben nur gewonnen, weil sie von Anfang an giftig waren und dem Gegner den Schneid abgekauft haben.

So ähnlich haben es gestern die Wangener gemacht. Allerdings auf eine etwas andere Weise: Sie haben nicht körperlich agiert, sondern mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die man wohl nur hat, wenn man Außenseiter ist und dazu noch jung. Der 18-jährige Aaron Mayer etwa hatte schon ein A-Jugend-Spiel in den Knochen und wollte auch in Deizisau nur Handball spielen. Von dem Kerl wird man noch mehr hören.

Doch noch mal zur Württembergliga: Die große Stärke der Spitzenteams dort ist, dass sie offensichtlich keinen Gegner unterschätzen: Tabellenführer Wolfschlugen hat gegen Vöhringen gewonnen, der Zweite Plochingen souverän gegen Ober-/Unterhausen, der Dritte Langenau/Elchingen hat sich beim letzten Altenstadt keine Blöße gegeben – und der Vierte TSV Heiningen hat die eigentlich auch (wie immer) hoch eingeschätzten Zizishausener gleich mit 37:23 aus der Halle gefegt.

Sorgen bereitet in der Liga die HSG Ostfildern, die nach sieben Spielen immer noch mit null Punkten dasteht. Da wird man mal nachfragen müssen.


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2 Antworten auf „Hand und Kopf“

  1. also ich war gestern mit der Leistung von meinem TSV Deizisau auch nicht zufrieden, aber solche Spiele muss man diesem Team auch zugestehen. Sicherlich müssen die Fehler analysiert werden aber auch das positive gesehen werden: Das man diese Spiele auch erst mal gewinnen muss.